Wolfgang Viehweger und Bernd Koldewey
Eine Stadt mit vielen Gesichtern
Kulturführungen in Herne und Wanne-Eickel

Kurzvorstellung

Verlag Herner Netz e.V. 19. 5. 2007
240 Seiten im Vierfarbendruck
Preis 19,80 Euro
ISBN  978 - 3 - 00 - 020732 - 7

Bezug über das Herner Netz e.V., Bönninghauser Str. 16, 44651 Herne oder Tel.Nr.: 02325/30679
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Zum Geleit

 

Die Autoren gehen mit den Teilnehmern in den Jahren 2004 bis 2006 auf eine kulturgeschichtliche Zeitreise durch unsereStadt.Diese Reise hat es in sich. Herausgekommen ist ein anspruchsvolles Lese- und Bilderbuch von Herne als Beitrag zurKulturhauptstadt Ruhrgebiet im Jahr 2010.
Erstmals wird den Entwicklungen in Herne und Wanne-Eickel vom Mittelalter über die Industriezeit zur Moderne in einer Zusammenschau nachgespürt, die beweist, dass unsere Stadt immer im Strukturwandel war. Das bäuerliche Leben des Mittelalters wird ebenso plötzlich durch die Zeit von Kohle und Stahl beendet wie diese durch die Dienstleistungsgesellschaft. Nicht vergessen werden dabei die geistigen und kulturellen Besonderheiten der Bürger, welche sich in der Architektur, dem Städte- und Straßenbau widerspiegeln. Politiker, Manager, Widerstandskämpfer, Schriftsteller, Kabarettisten und andere große Persönlichkeiten mit ihren Leistungen werden in kurzen Porträts gezeigt.

Ich möchte Bernd Koldewey und Wolfgang Viehweger vom Herner Netz e.V. zu ihrem Buch gratulieren und es den heimatgeschichtlich interessierten Lesern, besonders der Jugend, zur Lektüre empfehlen.

Erika Wagner(Bürgermeisterin)

Vorwort

Als Bernd Koldewey, Großneffe von Robert Koldewey, dem Archäologen und Ausgräber des antiken Babylons, im Sommer 2003 das „Herner Netz“ ins Leben rief, sagte er den 10 Gründungsmitgliedern, er habe die Vision, die Stadt Herne historisch und kulturell interessierten Bürgern zu zeigen. Da Herne kein Tourismus-Büro besitze und offenbar keine Touristen erwarte, müsse eben ein privater Kulturverein diese Aufgabe für Einheimische und Gäste übernehmen. Drei Jahre später ist die Vision zur Realität geworden.

Von Oktober 2004 bis September 2006 hat das „Herner Netz e.V.“ 16 Kulturführungen im Stadtgebiet organisiert und mit ca. 50 Teilnehmern je Führung Herne und Wanne-Eickel erforscht. Viele persönliche Kindheitserinnerungen und Erlebnisse kamen zur Sprache, so dass die Erwartung der Veranstalter meist übertroffen wurde. Die Ergebnisse sind in diesem Buch zusammengefasst, um anderen Vereinen Tipps zum Erkunden unserer Stadt zu geben.Bernd Koldewey und die Mitglieder des Herner Netzes e.V. waren sich darüber einig, dass vor den Kulturführungen mühselige Recherchen nötig seien, um die Thematik überschaubar zu machen. Es wurden arbeitsteilig Stadtpläne und Bilder gesammelt, Postkarten von Straßen und Plätzen, sakralen und profanen Bauten, Schlössern und Adelssitzen, städtischen Gebäuden, Bahnhöfen, Zechen und Fabriken, Straßen und Parkanlagen. Dabei tat sich der ehemalige Bergmann Hartmut Stockhorst besonders hervor. Es mussten noch Wasserwege und Brücken, Denkmäler, Friedhöfe u.a. gesichtet und die Biografien von Persönlichkeiten gelesen werden, die in der Stadt gelebt haben. Diese Aufgaben übernahmen die Historiker Ingeborg und Wolfgang Viehweger und der Autor Dr. Rüdiger Schneider. Als schließlich am 17. Oktober 2004 die erste Führung begann, zogen die Veranstalter die Teilnehmer in die Erklärungen vor Ort mit ein, so dass ihr Wissen und ihre helfende Kritik das Unternehmen immer lebendig und unterhaltsam machten.

Die Fotografen Gerd Kaemper und Joachim Kossmann begleiteten die Touren und hielten die Ereignisse in vielen schönen Aufnahmen fest. Für Bilder von Gebäuden, die nicht mehr existieren, sorgten die Künstler Helga Mostert, Margaretha Urankar, Bruno Tenschert, Fred Hartwig und Wolfgang Ringhut.Geplant ist vom Herner Netz e.V., in den nächsten Jahren die besonders erfolgreichen Kulturführungen zu wiederholen und auch neue „Felder“ ausfindig zu machen, welche bisher noch unentdeckt sind. Auf diese Weise wird die Stadt mit vielen Gesichtern wahrscheinlich weitere Gesichtszüge bekommen, die interessant sein dürften.

Zum Schluss gilt der Dank allen Bürgerinnen und Bürgern, welche die Arbeit des Herner Netzes unterstützen, besonders auch den „Sonntagsnachrichten“, die zusätzlich zu den vereinseigenen Veröffentlichungen im Internet immer wieder rechtzeitig und informativ auf die Kulturführungen hinweisen. Dazu gehören inzwischen auch Ausstellungen und Lesungen in der Galerie auf der Germanenstraße in Herne-Baukau.

Die ehrenamtlichen Mitglieder des Herner Netzes würden sich freuen, wenn nach der Lektüre dieses Buches viele Leserinnen und Leser den Entschluss fassten, dem Verein beizutreten und ihn dadurch finanziell bei seiner Arbeit zu unterstützen.

Einführung
I. Herne und Wanne-Eickel
Die Stadt Herne im nördlichen Ruhrgebiet, unmittelbar an der Emscher und dem Rhein-Herne-Kanal gelegen, hat ihre Ausmaße auf einer Fläche von 51,41 km² am 1. Januar 1975 durch den Zusammenschluss der beiden ehemaligen Bergbaustädte Herne und Wanne-Eickel erhalten. Mit 170 529 Einwohnern (Stand vom Juni 2006) gehört Herne zu den kleineren Großstädten im Land NRW. Sie ist nach Offenbach flächenmäßig die kleinste Großstadt in Deutschland, hat aber nach München und Berlin die größte Bevölkerungsdichte aller deutschen Städte, und zwar 3326 Einwohner pro km².

Geografisch liegt Herne zwischen Bochum und Recklinghausen auf dem südlichen Talhang der Emscherniederung auf sandigen Terrassenflächen. Der höchste Punkt im Stadtgebiet misst 131,30 m ü. NN, der niedrigste 33 m ü. NN. Folgende Städte grenzen an Herne: Herten, Recklinghausen, Castrop-Rauxel, Bochum und Gelsenkirchen. Die Stadt besteht aus 4 Stadtbezirken:
  1. Herne-Mitte mit den Stadtteilen Baukau, Herne, Holsterhausen;
  2. Eickel mit den Stadtteilen Eickel und Röhlinghausen;
  3. Sodingen mit den Stadtteilen Börnig, Holthausen, Horsthausen und Sodingen;
  4. Wanne mit den Stadtteilen Bickern, Crange, Unser Fritz und Wanne.
In vorindustrieller Zeit waren zwei Siedlungskerne Ausgangspunkte für den westlichen Teil: Eickel in einem von Eichen bewaldeten Gebiet am Hellweg nördlich von Bochum soll um 774 n.Chr. von dem sächsischen Ritter Tabo auf einer Höhenburg bewohnt worden sein. Die Existenz der Burg ist historisch gesichert, die von Tabo nicht. Seit dem 14. Jahrhundert ist in unmittelbarer Nähe der Burg, am Eickeler Markt, die Johann Baptist-Kirche nachgewiesen. Herne im Osten, auf einer Anhöhe an der Emscher gelegen, erscheint um 881 n.Chr. in einem Steuerbuch des Klosters Werden an der Ruhr. Im Süden von Herne, in den „Altenhöfen“, wohnten vermutlich die ersten Bauern. Weitere siedelten sich im Verlauf des 9. Jahrhunderts um die Dionysiuskirche an und bildeten ein Kirchspiel mit mehreren Märkten im Jahr. Dieses Kirchspiel wurde ebenso wie andere Bauernschaften der Umgebung seit dem 12. Jahrhundert von den Rittern von Strünkede beherrscht, die in einer Burg nahe an der Emscher lebten. Die Burg ist noch erhalten und beherbergt das Emschertal-Museum.
Alle Bauern der Gegend befanden sich in Abhängigkeit verschiedener Rittergeschlechter: die Holthauser  von Haus Bladenhorst und Haus Schadeburg, die Börniger von Haus Schadeburg, die Sodinger von Haus Sodingen und Haus Alstede (Alstein), die Gysenberger von Haus Westerholt-Gysenberg, die Eickeler von Haus Eickel und dem Haus Bönninghausen, die Holsterhauser von Haus Loe-Dorneburg, die Wanner und die Cranger von Zweigen des Hauses Eickel, die Bickerner von Haus Bickern und die Röhlinghauser von Haus Lakenbruch. Zusätzlich waren einige Bauern kirchlichen Stellen abgabepflichtig, so dem Kloster Werden, dem Reichsstift Essen, dem Kloster Sterkrade, der Kirche St. Heribert in Deutz und der Kirche St. Pantaleon in Köln.Von den Gründungsbauten der Köln-Mindener- Eisenbahn im Jahr 1847 und den ersten Zechen aus dem Jahr 1856/57 existiert kaum noch etwas, sieht man von der Zeche Shamrock I/II in Herne-Süd und der Zeche Pluto-Wilhelm in Bickern ab, die heute von der DSK (Deutschen Steinkohle AG) genutzt werden. Die Zeche Shamrock erhielt ihren Namen von dem Iren William Thomas Mulvany, der auch die Zeche Teutoburgia in Börnig und die Zeche Erin in Castrop-Rauxel errichtet hat.Vor gut 150 Jahren schlummerten im heutigen Stadtgebiet von Wanne-Eickel 5 kleine Gemeinden (Bickern-Wanne, Crange, Röhlinghausen, Eickel und Holsterhausen) mit typisch bäuerlichen Zügen. In Eickel, dem größten Dorf, standen um 1860 zwei Kirchen, zwei Schulen, zwei Pastorate und ein Spritzenhaus, dazu noch 55 Häuser. Durch die Abteufung der ersten Schächte (Hannibal I und Hannibal II) begann  in Eickel wie in den anderen Dörfern eine schnelle Entwicklung. Im Jahr 1871 hatten sie 6889 Einwohner, 1900 schon 57 437 und bis zum Ersten Weltkrieg  93 537 Einwohner. Der Zuwachs kam aus den sogenannten „Wanderungsgewinnen“ aus allen Himmelsrichtungen: aus dem Münsterland und Ostwestfalen, ab 1875 aus Ost- und Westpreußen und der Provinz Posen, um 1900 aus Oberschlesien, Österreich-Ungarn, Holland, Italien, Belgien und Luxemburg. Als 1920 viele polnische Bergleute aus Bickern nach Frankreich weiterzogen, füllten Zuwanderer aus Danzig und dem Memelgebiet die Lücken. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Flüchtlingstrecks aus dem Osten hinzu. Wanne-Eickel wurde eine Großstadt mit über 100 000 Einwohnern.Ähnlich war der Verlauf der Zuwanderung in Herne. Vom Jahr 1808 bis 1815 war der Dorfverband „Mairie“ unter Napoleon I. im Ruhrdepartement Bochum; ab dem Jahr 1844 unter preußischer Verwaltung geführt als Amt Herne mit den Gemeinden Baukau, Bickern-Wanne, Bladenhorst, Crange, Eickel, Herne, Hiltrop, Holsterhausen, Pöppinghausen und Röhlinghausen. Diese Vereinigung von Herne und Wanne-Eickel nahm die spätere Zusammenlegung durch die Ruhrgebietsreform von 1974/75 vorweg.
Im Jahr 1875 bildete man wegen der Bevölkerungsexplosion im Westteil das Amt Wanne mit Bickern, Crange, Eickel, Holsterhausen und Röhlinghausen. 1891 wurde das Amt Eickel aus Holsterhausen und Röhlinghausen geschaffen, bis Wanne und Eickel 1926 eine Stadt wurden.Der Ostteil Herne war bereits 1897 zur Stadt erhoben worden und konnte sich nach der Eingemeindung von Baukau und Horsthausen (1906/08) und der von Sodingen, Gysenberg, Börnig und Holthausen (im Jahr 1928) mit über 100 000 Einwohnern „Großstadt“ nennen.
 
Im März 1856 hatte bei der Gründung der Bergwerksgesellschaft Shamrock William Thomas Mulvany nicht nur neue Bergbautechniken zum Abteufen von Schächten nach Herne mitgebracht, sondern auch englische und irische Fachkräfte. Gleiches geschah im Jahr 1864 durch die belgisch-französische Gesellschaft „Société civile des Charbonnages de Herne-Bochum“ unter dem Bergingenieur Josephe Pierre Monin. Er errichtete mit Fachleuten aus Brüssel, Namur und Lüttich die Zechen Providence (später: Von der Heydt) und Barillon (später: Julia) in Herne-Baukau und Mont Cenis in Sodingen. Dazu zählte auch in Recklinghausen-Süd die Zeche Clerget (genannt: „Klärchen“). Auf diese Weise kamen Engländer, Iren, Belgier und Franzosen auf Dauer nach Herne, weil die Familien den hier arbeitenden Männern folgten.Durch die Aufgabe des Bergbaus und der Zulieferindustrie (Eisenindustrie) gingen der Stadt Herne am Ende des 20. Jahrhunderts mehr als 30 000 Arbeitsplätze verloren. Die Arbeitslosigkeit liegt seit 1987 zwischen 15 und 18 Prozent. Das Bemühen gilt seitdem der Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten durch den Strukturwandel.
II. Der Rhein-Herne-Kanal


Foto:(c) Gerd Kaemper

1. Zur geschichtlichen Entwicklung

Die Idee, den Rhein mit der Weser und der Elbe zu verbinden, ist etwa 300 Jahre alt und bekam nach 1815 zur preußischen Zeit in Westfalen wieder Auftrieb. Alle Pläne scheiterten jedoch, weil die Emscher nicht schiffbar war. Ihr Flussbett war zu flach, die Fließgeschwindigkeit wegen der vielen Krümmungen zu gering, und außerdem lehnten die preußischen Behörden die Erweiterung des „Rinnsals“ aus Kostengründen schließlich ab.
Erst mit der Gründung des „Vereins für die bergbaulichen Interessen“ im Oberamtsbezirk Dortmund durch den Dortmunder Unternehmer Friedrich Harkort und den Gelsenkirchen/Herner Unternehmer William Thomas Mulvany begann im Ruhrgebiet der Fortschritt im Verkehrs- und Transportwesen. Dazu gehörte der Ausbau des Kanalnetzes für die Binnenschifffahrt (Rhein-Herne-Kanal, Dortmund-Ems-Kanal, Mittellandkanal) und eine Erweiterung des Eisenbahnnetzes, um die norddeutschen Gebiete mit Kohle zu beliefern und über die Nord- und Ostseehäfen den Handel mit Holland, England, Skandinavien und Russland zu aktivieren.
Am 5. April 1906 erfolgte der erste Spatenstich, am 14. Juli 1914 wurde die 45 km lange künstliche Wasserstrecke zwischen dem Rhein und dem Dortmund-Ems-Kanal für die Schifffahrt freigegeben. Im wesentlichen folgte der Kanal dem Lauf der begradigten Emscher und den dort angesiedelten Kohlezechen. In der Blütezeit der deutschen Steinkohle gab es mehr als 30 öffentliche und werkseigene Häfen zum Transport von Erz und Kohle. Außerdem diente der Kanal als zusätzliches Wasserreservoir für die Bevölkerung.
 
Der Höhenunterschied der Strecke zwischen Herne und Duisburg beträgt 36 m. Über die heute noch 5 Schleusen (früher waren es 7) können Schiffe bis 1350 t abgefertigt werden. Sie dürfen eine maximale Breite von 11,45 m und eine Länge von 110 m haben. Die Schleusen sind notwendig zur Wasserregulierung. Im Laufe der Zeit mussten immer wieder die Ufer erhöht werden, weil der Kanal wegen Bergsenkungen überzulaufen drohte.
Nach dem Ende der wirtschaftlichen Bedeutung der Steinkohle verringerte sich das Verkehrsaufkommen auf dem Rhein-Herne-Kanal um 25 %. Mit den Zechenstillegungen schwand der Absatz von traditionellen Gütern, für welche der Kanal gebaut worden war. Unter den jährlich noch 15 Millionen Gütertonnen auf 25 000 Schiffen aus Europa und Übersee sind zwar noch Kohle, Steine und Erze, aber vorrangig Mineralöl, Glas, Schrott, Baustoffe, chemische Güter und Nahrungsmittel.

2. Zum Strukturwandel der Betriebe am Rhein-Herne-Kanal

Am Beispiel der Wanne-Herner Eisenbahn und Hafen GmbH lassen sich Strukturwandel und Risiken der Betriebe am Kanal erläutern: Die WHE betreibt eine leistungsfähige öffentliche Eisenbahn, verbunden mit dem Netz der Deutschen Bahn AG und den Hafenbetrieben der Ruhrkohle AG. Zentralstellwerke, eigene Diesel-Loks und Güterwagen verschiedener Größe stehen für Kunden zur Verfügung. In den Häfen Wanne-West und Wanne-Ost gibt es zwei Umschlagplätze. Die Schiffe haben Zugang zu allen europäischen Wasserstraßen. Der neue Container-Terminal bietet auch Verbindungen zu den benachbarten Flughäfen in Düsseldorf und Dortmund. Die technischen Voraussetzungen für den Strukturwandel sind vorhanden. Trotzdem hat die WHE noch bis in die jüngste Zeit investiert in Kohlelager und Kohlemischanlagen zur Veredelung unterschiedlicher Kohlesorten, obwohl die Nachfrage danach ständig sinkt. Warum hat die WHE in den letzten 20 Jahren Techniken und Logistik bereitgestellt für nicht mehr gefragte Güter?
Diese Frage blieb sowohl in der Sitzung des Aufsichtsrats der WHE am 30. Januar 2006 unbeantwortet als auch in der Sitzung des Hauptausschusses der Stadt Herne am 23. Mai 2006. Es wurde von OB Horst Schiereck lediglich mitgeteilt, dass der Herner Unternehmensberater Dr. Andreas C. Habicht & Partner beauftragt sei, ein Konzept zur strategischen Neuorientierung für die WHE zu erarbeiten. Außerdem werde der amtierende Geschäftsführer Karl-Heinz Wick zum 1. September 2006 vorzeitig von seinem Amt entbunden. Neuer Geschäftsführer werde Karl-Heinz Adams, der bisherige Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG).Das Sanierungskonzept wird sich mit folgenden Problemen befassen müssen:

    1. Umstrukturierung auf dem Feld der Massengüter, von nicht mehr gefragten zu gesuchten Produkten
    2. Suche nach potenten Partnern für den Logistik- und Container-Park
    3. Ausbau der Service-Einrichtungen passend zum Bedarf
    4. Werbung von europäischen Partnern im grenzüberschreitenden Verkehr
    5. Modernisierung der vorhandenen Anlagen
    6. Zusammengefasst: Suche nach sicheren Partnern, welche in einem der größten Produktions- und Absatzgebiete Europas bereit sind, sich in Herne niederzulassen, die neuen Konzepte der WHE zu unterstützen und zu nutzen.
Zu den Modernitätsanforderungen der WHE gehören allerdings nicht nur neue Konzepte und neue Leute, sondern auch die Verbesserung der Umfeldbedingungen in Herne, wie sie beispielhaft in Essen, Mülheim, Oberhausen und Duisburg seit Jahren betrieben werden. In eine wenig attraktive Stadt kommen keine Investoren, wenn sie und ihre Mitarbeiter einige Kilometer weiter bessere Bedingungen finden.
Am 20. September 2006 meldete die WAZ im Lokalteil unter dem Titel „Ein guter Tag“, dass der Rat der Stadt Herne am 19. September die Rahmenbedingungen zum Bau eines Eisenbahntechnik-Zentrums (ETZ) auf dem Gelände der WHE beschlossen habe. Gesucht werde nun nach privaten Partnern. Was das allerdings heißt, ist noch offen; denn die Deutsche Bahn AG hat selbst solche Zentren. Es bleiben die privaten Eisenbahngesellschaften als mögliche Kunden. Die Zukunft der Stadt Herne besteht noch in einer anderen Möglichkeit, die der Rhein-Herne-Kanal bietet, der auf 12 km Länge durch den Norden von Herne und Wanne-Eickel führt. Im Sportboot-Tourismus vermutet Dietmar Harsveldt, Betreiber des neuen Sportboot-Hafens in Flaesheim am Wesel-Datteln-Kanal (WAZ vom 19. September 2006, „Revier will Skipper anlocken“), in den nächsten Jahren ein Potenzial von einer Milliarde Euro für die innovativen Ruhrgebietsstädte: „Mit dem Wesel-Datteln-, Rhein-Herne-, Dortmund-Ems-, Datteln-Hamm-Kanal, mit Rhein und Ruhr, Emscher und Lippe bietet das Ruhrgebiet außergewöhnlich gute Voraussetzungen für den Wassertourismus.“
Arne van den Brink von der Ruhrgebiet Tourismus GmbH bestätigt diese Aussage. Auch Dieter Nellen, Geschäftsführer der Ruhrgebiet Tourismus GmbH, plädiert für den Bau neuer Marinas an den Wasserstraßen des Ruhrgebiets. In jeder neuen Marina steckten durchschnittlich bis zu 40 Arbeitsplätze, pro Boot zahlten die Skipper zwischen 3000 und 5000 Euro pro Jahr an Betriebs- und Liegekosten. Duisburg habe bereits eine Marina mit 133 Liegeplätzen für Boote zwischen 6 und 20 m Länge, Essen plane den Bau einer Marina mit 100 Liegeplätzen im Norden der Stadt am Rhein-Herne-Kanal. Das Interesse am Sportboot-Tourismus steige stetig. Wann beginnt in Herne die Zeit der Marinas?

Rechtlicher Hinweis zum generalisierten Stadtplan der Stadt Herne
Dieser Stadtplan wurde genehmigt am 14. November 2006 durch das Vermessungs- und Katasteramt der Stadt Herne. Er ist urheberrechtlich geschützt. Verstöße bei der Nutzung urheberrechtlich geschützter Geodaten werden aufgrund der Vorschriften des Gesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBI.I S.842) verfolgt.


Wegbeschreibung zu den Herrenhäusern
Name
Straße
Zustand
 
1
Eickel Königstraße nicht mehr vorhanden
2
Gosewinkel Im Gosewinkel nicht mehr vorhanden
3
Dorneburg Ecke Dorneburger Straße/ Königstraße Reste vorhanden (Hesslings Mühle)
4
Nosthausen Dorstener Straße Reste vorhanden (Löns’ Mühle)
5
Lakenbruch Im Lakenbruch nicht mehr vorhanden
6
Bönninghausen Burgstraße nicht mehr vorhanden
7
Hörstgen Auf dem Hörstchen nicht mehr vorhanden
8
Crange Altcrange Reste vorhanden
9
Steinhausen Wiedehopfstraße Reste vorhanden (Reiterhof)
10
Strünkede Schloß-Strünkede-Straße erhalten (Emschertal-Museum)
11
Gysenberg Revierpark Gysenberg Reste vorhanden (zwei Gebäude hinter der Eissporthalle)
12
Sodingen Mont-Cenis-Straße nicht mehr vorhanden
13
Alstede Mont-Cenis-Straße nicht mehr vorhanden
14
Schadeburg Schadeburgstraße Reste vorhanden (auf den Grundmauern seit 1961 die Emmaus-Kirche)
15
Bickern Bickernstraße Reste vorhanden (die Bickernhöfe)
Wegbeschreibung zu den Zechen
Name
Straße
Zustand
 
1.1
Shamrock I/II Shamrockring teilweise in Betrieb (Sitz der DSK)
1.2
Shamrock III/IV Kastanienallee teilweise in Betrieb (Kraftwerk)
2
Teutoburgia Schadeburgstraße teilweise erhalten (kulturelle Nutzung)
3
Constantin der Große Constantinstraße nicht mehr vorhanden
4
Mont Cenis Mont-Cenis-Straße Reste vorhanden
5
Von der Heydt Harpener Weg nicht mehr vorhanden
6
Julia Juliastraße nicht mehr vorhanden
7
Friedrich der Große Friedrich der Große nicht mehr vorhanden
8.1
Pluto Thies Plutostraße nicht mehr vorhanden
8.2
Pluto Wilhelm Wilhelmstraße teilweise in Betrieb (Außenstelle der DSK)
9
Unser Fritz Unser-Fritz-Straße teilweise erhalten (kulturelle Nutzung)
10
Königsgrube Königsgruber Straße nicht mehr vorhanden
11
Hannover  Günnigfelder Straße teilweise erhalten (Industriemuseum)
12.1
Hannibal I Dorstener Straße nicht mehr vorhanden
12.2
Hannibal II Eickeler Straße Reste vorhanden (industriell genutzt)
 
Überlegungen zu städtebaulichen Besonderheiten in Herne

Es gibt in Herne kein touristisches Stadtporträt wie in anderen Städten, woraus man Orientierung für Führungen erhält. Das betrifft sowohl Zeugen der Vergangenheit (Herrenhäuser, Mühlen, Kirchen, Zechen, Zechensiedlungen und Fabriken) als auch die Bereiche der aktuellen Wirtschaftsstruktur, der Verwaltung und Dienstleistung, der Kultur und der Freizeit. So betraten im Herbst 2004 die Verantwortlichen des Herner Netzes e.V. absolutes Neuland.
Es wurde zunächst eine vorläufige Bestandsaufnahme von Wohnbauten und Siedlungen aus vorindustrieller Zeit, aus der Industriezeit und der Gegenwart begonnen. Die Feinarbeit sollte in der Vorbereitung der einzelnen Führungen erfolgen, die jeweils zwei Stunden dauern sollten. Das Angebot werde sich an den sehenswerten Möglichkeiten der einzelnen Stadtteile orientieren.

Aus vorindustrieller Zeit existiert noch die Wasserburganlage Schloss Strünkede in Herne- Baukau. Mehr als 30 Fachwerkhäuser stehen im Stadtgebiet, wovon der Hof Werth aus dem Jahr 1744 in der Dorfstraße von Börnig die geschlossenste Anlage mit Torhaus, Haupthaus, Scheune, Back- und Dörrhaus darstellt. Weitere Fachwerkhäuser stehen in Altcrange und Holthausen.
An Kirchen sind die gotische Backsteinkapelle von Schloss Strünkede und der spätklassizistische Bau der Cranger Kirche in Ruhrsandstein erhalten. An örtlichen Kleindenkmälern sind zu nennen die Grabsteine von Adeligen in der Johanneskirche in Eickel von 1643, ein Taufbecken von 1650 in der evangelischen Kirche in Wanne-Süd, ein klassizistischer Obelisk an der Gruft der Familie von Forell von 1872 an der Ecke Forellstraße/Westring und die steinerne Brücke des Gahlenschen Kohlenweges im Resser Wald aus dem Jahr 1853.

Von den Gründungsbauten der Zechenanlagen existieren zum Teil noch die Zeche Shamrock I/II in Herne und die Zeche Pluto Wilhelm in Wanne. Sie verdanken das dem glücklichen Umstand, dass sie von der DSK (der Deutschen Steinkohle AG) genutzt werden. Ebenso gibt es noch einige Zechensiedlungen (Kolonien) in Wanne, Röhlinghausen, Eickel, Börnig und „Constantin“, gemeint ist die Siedlung Constantin an der Wiescherstraße und der Kronenstraße aus den Jahren 1900 bis 1910 und weitere Arbeiterhäuser der Gewerkschaft Constantin der Große.
Dazu gehören auch die Beamtenwohnhäuser (Villen), meistens Neurenaissance-Massivbauten mit Putzfassaden, Gesimsen, Eingangsvorbauten (Risalits), Rundbögen und Säulen, Erkern mit Spitzhelmen und dreigliedrigen Steinkreuzfenstern. Sie sind – ebenso wie repräsentative Bauten (Rathäuser, Verwaltungen, Kirchen, Bahnhöfe und Postgebäude) – Zeugnisse der Architektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie begleiteten das Deutsche Reich zusammen mit Neugotik, Neuromantik und Neuklassizismus auf der Suche nach seinen Wurzeln und seiner Identität.
Die entscheidende Bedeutung der Gründerzeit für Architektur und Städtebau ist in Herne in jedem der zwölf Stadtteile zu dokumentieren, natürlich auch die Beispiele von Stilvermischung und Mehrdeutigkeit. Zur „Entdeckerreise“ würde es gehören, sie zu suchen und zu finden.

Von den besonderen Gebäuden der Gegenwart sind eigentlich nur das Archäologische Museum in Herne-Mitte und die Akademie Mont Cenis in Sodingen erwähnenswert. Ansonsten hat die explosionsartige Bevölkerungsentwicklung mit ihren Notwendigkeiten zu Hauformen unterschiedlicher Typen geführt, wie sie im Ruhrgebiet nach dem Zweiten Weltkrieg überall anzutreffen sind.

Weil ein Mitglied des Herner Netzes auf der Wiescherstraße in einem Haus der Siedlung Constantin wohnt und so seit vielen Jahren mit der Zeche verbunden ist und ihre Geschichte kennt, wurde beschlossen, die erste Führung in den Herner Süden zur Siedlung Constantin zu machen. Ergänzt werden sollten alle Führungen durch Lesungen aus den Büchern „Spaziergang im Eichenwald“ und „Spur der Kohle...“, die der Historiker Wolfgang Viehweger in den Jahren 2000 und 2001 über die vorindustrielle und industrielle Zeit von Herne und Wanne-Eickel geschrieben hat.
Dadurch ergab sich eine sinnvolle Zweiteilung, welche die Besucher nicht überfordern würde. Nach ca. 2 Stunden Führung in frischer Luft mit Erklärungen zu dem, was noch gezeigt werden kann, würde der Autor Wolfgang Viehweger die Gäste in einem reservierten Raum eines nahen Restaurants erwarten. Dort begann, so sah es die Planung vor, nach einer Pause von einer halben Stunde (nach dem Mittagessen) die einstündige Lesung zu dem jeweiligen Thema der Führung.

In Herne und Wanne-Eickel werden meist Herrenhäuser und Zechen thematisiert, weil man sie nicht mehr zeigen kann:  die Herrenhäuser, da sie für die mittelalterlichen Dörfer zuständig waren und ihren Bestand sicherten; in der industriellen Zeit werden sie durch die Zechen und ihre Fürsorge für die Arbeiter abgelöst.