Porträt des Künstlers
Friedhelm Degenhardt

Einige Musen müssen ihn bei seiner Geburt am 18. Dezember 1930 geküsst haben, denn er zeichnet nicht nur, sondern dichtet auch, schreibt Glossen, kurze und längere Reisegeschichten, singt klassische Musik und Gospels, spielt auf seiner Geige und bläst ab und zu ins Horn, ohne Jäger zu sein.
Die Glossen verfasst er meist zu Hause bei einem Glas Rotwein, die Zeichnungen und Skizzen entstehen in der Regel auf seinen Reisen. Da er gern wandert, hat er immer seinen kleinen Skizzenblock dabei, im Rucksack oder im Anorak.
In der Galerie des Herner Netzes stellt er sich am 2. Juni 2007 mit einer Auswahl seiner Skizzen und Glossen vor. Die Ausstellung dauert bis zum 28. Juni 2007.

Oft wird er gefragt, woher er sein Talent habe. Darauf antwortet er meist: „Befördert hat es mein Zeichenlehrer Otto Hartlieb vom Jungengymnasium in Eickel, nolens volens, wie der Lateiner es auszudrücken pflegt. Wir im Ruhrgebiet sprechen von der Gunst des Augenblicks. Otto Hartlieb wollte mir beim Abitur in Kunst nur eine 3 geben, aber davon hatte ich schon eine Menge. Daher war ich der Meinung, am Schluss des Schullebens sei eine 2 dran. Leicht genervt schickte er mich mit meinem Zeichenblock auf den Flur des Gymnasiums und gab mir die Aufgabe, innerhalb von 20 Minuten den mit Säulen gefassten Treppenaufgang perspektivisch zu zeichnen. Ich bekam meine 2, und Otto Hartlieb entdeckte mein zeichnerisches Talent. In der Schülerschaft hieß er immer „der alte Hartlieb“, obwohl er irgendwann einmal jung gewesen sein muss.“

Von einer zweiten Episode ist noch zu berichten. Eines Tages lagen die Degenhardts mit Freunden am Strand von Cassis in Südfrankreich, lasen und unterhielten sich. Nur einer, Freund Alfred, fügte, gepeinigt von der Sonne, Strich an Strich auf seinen Zeichenblock. Sein gebeugter Rücken tat ihm schon weh, denn in unbequemer Haltung saß er auf einem Felsbrocken. Plötzlich stand er auf und sagte grimmig zu seinem Freund Friedhelm: „Jetzt lese ich für Dich und Du zeichnest für mich!“
Seit dieser Zeit zeichnet Friedhelm Degenhardt auf Reisen, die nach Mallorca, Italien, Holland, Norwegen, Ägypten und sogar nach China führten. Man kann bei den Motiven, die mit Leichtigkeit und Transparenz der Striche deutlich werden, nichts ahnen von der Länge und Schwere der Schritte auf den Wanderungen. Nur die schwarze Tusche lässt etwas aufblitzen von der farbigen Natur ringsum. Die dem Künstler eigenen Kompositionen folgen seinen Wahrnehmungen in sensibler Art.

Wolfgang Viehweger
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