„Bleibense Mensch!“
Jürgen von Manger

Jürgen von Manger, geboren am 6. März 1923 in Koblenz, kam im Alter von 9 Jahren mit seinen Eltern nach Hagen. Der Spross einer alten westfälischen Juristenfamilie besuchte dort das Fichte- und später das Albrecht-Dürer-Gymnasium. Schon in der Gymnasialzeit standen seine Berufswünsche fest: er wollte Schauspieler oder Richter werden. Auf beiden Gebieten erhielt er eine gründliche Ausbildung. Er absolvierte ein ordentliches Jurastudium in Köln und Münster, worauf seine detailgetreuen Geschichten über Richter, Staatsanwälte, Angeklagte, Verurteilte und Gefängniswärter zurückgehen.

Nach seiner Einberufung zum Militär im Zweiten Weltkrieg und der glücklichen Wiederkehr aus Russland im Jahr 1945 erhielt Jürgen von Manger einen Anfängervertrag als Schauspieler am Hagener Stadttheater. Daneben nahm er Gesangsunterricht. Eine Zeitlang trat er bei dem unvergessenen Saladin Schmitt an der Bochumer Bühne auf, seit 1950 auch an den Städtischen Bühnen in Gelsenkirchen. Sein Debüt mit einem kabarettistischen Programm in der Figur des Ruhrpott-Bürgers Adolf Tegtmeier erfolgte in der Radiosendung zu Silvester 1961 beim NDR im Ruhrpott-Dialekt, der sein Markenzeichen werden sollte. Es ging um „unser Margot inne Jugendherberge in Plettenberg“.
Seine Sprachformen erwiesen sich, wie Heinrich Lützeler über ihn bemerkte (im Nachwort zu „Bleibense Mensch!“, R. Piper und Co. Verlag, München 1966, S. 165), als Bedeutungsformen: Was wie ein Stottern und Versagen beim Reden aussah, war das Zeichen einer sozial hilflosen Situation. Jürgen von Manger ließ seine Figuren Irrwege der Sprache gehen, um zu zeigen, dass sie sich im modernen Labyrinth dieser Welt nicht zurechtfanden und auch nicht wussten, wie es weitergehen sollte.
In der Mitte der 70er Jahre besang der Künstler zwei Schallplatten („Bottroper Bier“, „Dat bisken Frühschicht“), war als Sprecher in vier Hörspiel-Produktionen des WDR tätig, trat in Fernsehsendungen und vielen Sälen der Ruhrgebietsstädte auf. Dabei übersteigerte er die „Sprache des Essener Bürgers“ bis ins Komische, egal, ob er „Malessen mit de Füße“ oder „ein Krösken mit eine“ hatte.
1985 erlitt Jürgen von Manger, der mit seiner Frau in Herne lebte, einen Schlaganfall, wovon auch das Sprachzentrum betroffen war. Er konnte – bis auf gelegentliche Auftritte – seinen Schauspielerberuf nicht mehr ausüben. Am 15. März 1994 starb der berühmte Kabarettist und Komiker in Herne. Die Jürgen-von-Manger-Straße in Sodingen, nahe an der Akademie Mont Cenis, erinnert an ihn, der mit seinem „Adolf Tegtmeier“ zum Chronisten des Milieus und der Sprache im Ruhrgebiet geworden ist.

Wolfgang Viehweger
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