Das
Material stammt von den Zeugen Jehovas in Herne und ist dem Herner Netz e.V. zur Veröffentlichung
übergeben worden.
Die
Gemeinde der Zeugen Jehovas, früher Ernste Bibelforscher, ist
eine religiöse, auf die Bibel bezogene Glaubensgemeinschaft. Da die Anhänger
jeden Wehrdienst ablehnen, werden und wurden sie in totalitären Staaten vielfach
verfolgt. Unter dem Nazi-Regime hatten sie etwa 2000 Opfer zu beklagen, auch in
der DDR wurden sie unterdrückt.
In
Herne und Wanne-Eickel existierten von 1933 bis 1945 ca. 105 Gebetskreise. Ab
1936 nahm die Gestapo Verhaftungen vor und die Bibelforscher in Schutzhaft.
Durch Unterschrift konnten die Verhafteten ihrer Glaubensgemeinschaft abschwören
und Volksgenossen werden. Verweigerten sie die Unterschrift, wurden
sie Volksschädlinge und starben meist im KZ.
Zu
ihnen gehörte Karl Schurstein, geboren 1896 in Herne, gestorben im KZ Hartheim
im Jahr 1942. Er war Kriegsinvalide des Ersten Weltkriegs und schloß sich
Anfang 1920 den Bibelforschern an, wie sie damals hießen. Als 1933 die Glaubensgemeinschaft
als artfremd verboten wurde, ging Karl Schurstein unter einem anderen
Namen und getarnt als Vertreter für Seifen- und Friseurartikel in den Untergrund.
In Wirklichkeit war er Bezirksleiter der Bibelforscher und besuchte regelmäßig
Gemeinden in Westfalen, welche er in ihrem Glauben bestärkte.
Im
April 1936 wurde Karl Schurstein verhaftet und zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt,
die er in Bochum absaß. Da seine Invalidenrente für die Dauer der Haft
ruhte, hatte seine Familie (Frau Sophie mit drei Kindern) kein Einkommen mehr.
Nach verbüßter Haft kam er nicht frei, sondern im April 1939 in das
KZ Buchenwald, von dort nach Sachsenhausen. Nach Dachau wurde Karl Schurstein
am 29. April 1940 verlegt, es war eine seiner letzten Stationen. Als er am 26.
Februar 1942 nach Hartheim in Österreich transportiert wurde, war das sein
Ende. Noch am selben Tag kam er nach dem Ausladen der Häftlinge in die Gaskammer.
Unter
Einsatz seines Lebens hatte er während der Haft verbotene Bibeltexte und
Schriften mit seinen Leidensgenossen gelesen, die ihm und anderen Kraft und Hoffnung
zum Widerstand gaben. Diese Integrität im Glauben bedeutete in der Zeit des
Nationalsozialismus den sicheren Tod.