Beckumer Hochzeitsbrauch


Zeichnungen von Wolfgang Ringhut 2002

Lange gab es in Beckum keinen Hochzeitsbrauch, weil der Heirat in der Bauernschaft ein zähes Taktieren der beteiligten Familien vorausging, das jeder Romantik entbehrte. Die beiden Väter prüften, wie beim Tierkauf, durch Augenschein die Qualität der Partner, die Mitgift an Geld, Mobiliar und Vieh, besiegelten dann vor zwei Zeugen den Heiratsvertrag und teilten der Gemeinde den Termin mit. Es war nicht unbedingt erforderlich, dass die beiden zukünftigen Eheleute sich mochten. Es ging lediglich darum, dass die junge Frau in dem neuen Haushalt versorgt war und gut arbeitete. Die Hochzeit war ohne Zeremoniell, nüchtern und schmucklos.
Da erzählte eines Tages ein Mann den Beckumern, sie könnten die Hochzeit feierlicher gestalten, wenn sie es so machten wie die Westerholter. Diese setzten die junge Braut am Hochzeitstag auf ein Pferd. Der Brautvater reite neben ihr durch das Dorf zu den Schwiegereltern. Hinter den Reitern und dem Brautwagen gehe die „Brautkuh“, welche mit Blumen geschmückt sei. Auf dem Brautwagen befinde sich die Aussteuer. Damit die Leute sehen könnten, was die Braut in die Ehe bringe, sei der Wagen offen wie ein Leiterwagen. Neben dem Wagen werde von einem Kind ein Reisigbesen getragen, auf dem ein lebender Hahn sitze. Der Besen solle auf den Fleiß der künftigen Hausfrau verweisen, der Hahn auf ihre Bereitschaft, früh aufzustehen und spät abends zu Bett zu gehen. Auch sei der Hahn so etwas wie ein Glücksbringer. Er garantiere einen großen Kindersegen.
Den Beckumern gefiel das, was sie von Westerholt hörten. Sie kopierten den Brauch, so gut sie konnten, mussten sich aber manchmal Bettwäsche, Handtücher, Geschirr, Töpfe und Pfannen in der Nachbarschaft ausleihen, weil sie nicht so reich wie die Westerholter Bauern waren, die einen Brautwagen bis zum Rand beladen konnten. Man fürchtete auch in Beckum die üble Nachrede der Leute. Das Pferd, auf dem die Braut gesessen hatte, wurde nicht zur Mitgift gezählt, sondern kehrte nach der Hochzeit mit dem Brautvater wieder zurück zum heimischen Hof.

Wolfgang Viehweger
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