Vom Kirchspiel Strünkede


Die gotische Schlosskapelle, die im Jahr 1272 von Bernd von Strünkede errichtet wurde, ist heute das älteste erhaltene Baudenkmal der Stadt Herne. Die Kapelle und ihr Hof dienten den Rittern von Strünkede als Begräbnisstätte. Begründet wurde die Baumaßnahme auch damit, dass Burg und Flecken Strünkede (castrum et suburbium) weit von anderen Kirchen entfernt seien, weshalb die Hofgemeinde in kriegerischen Zeiten nicht ohne Lebensgefahr zur Dionysiuskirche nach Herne gehen könne.

Zu dem Kirchspiel Strünkede gehörten seitdem die Bauerschaft Baukau, „zwischen Herne und Krange an der Emscher gelegen, und zwar an der Straße, die von Herne nach Krange, Buer, Wesel u. f. führet“. Dazu kam ein Teil der Bauernschaft Hiltrop (der andere gehörte zum Kirchspiel Bochum), die Bauernschaft Holsterhausen und ein Teil der Bauernschaft Sodingen (der andere gehörte zum Kirchspiel Castrop). Die Kapelle war so geräumig gebaut und ausgestattet worden, dass in ihr ordentliche Gottesdienste mit Predigten und der Austeilung der Sakramente stattfinden konnten. Die Strünkeder waren ferner Patronatsherren über die Dionysiuskirche in Herne und das zugehörige Kirchspiel. Im Jahre 1561 führten sie die Reformation ein. Allerdings wird erst 1622 Heinrich Aberhausen erster lutherischer Prediger als Vikar in Herne und Strünkede.
Am 18. Oktober 1636 wurde Conrad von Strünkede, Gerichtsherr von Strünkede und Castrop, von Kaiser Ferdinand II. zum Reichsfreiherrn erhoben. Bis zu seinem Tod im Jahr 1681 fanden in der Kapelle weiterhin lutherische Gottesdienste statt. Das änderte sich, als Sybilla Gertrud von Strünkede, welche den Reformierten calvinistischer Prägung zugetan war, calvinistische Gottesdienste einführte: Johann Friedrich Hofmann ist von 1681 bis 1686 der erste reformiert- calvinistische Hofprediger. Als er nach fünf Jahren nach Essen geht, folgt ihm Johann Jakob Schrottberg, gebürtig aus Basel, in diesem Amt. Er wird danach Hofprediger der Pfalzgräfin zu Neuberg. Nach ihm kommt Johann Buxtorff aus Basel. Offenbar bestimmten gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Vorstellungen Johann Calvins vom Gottesstaat und seine „Christianae religionis Institutio“ das religiöse Leben in Strünkede.

Lutheraner und Reformierte scheinen ohne Streit in Strünkede und Herne miteinander ausgekommen zu sein, da sie gemeinsam Kirchspielschulen errichteten und sich dabei unterstützten. Es bestand ein Nebeneinander, ein sogenanntes „Simultaneum“. Dieses erlaubte die gemeinsame Nutzung von Kirchen (Simultankirchen) und Friedhöfen. Die katholische Kirche lehnte die „Communicatio in Sacris“ (Gemeinsamkeit in heiligen Dingen) zwar ab, duldete sie aber für eine Übergangszeit dort, wo sie vorhanden war. Auf der Gegenseite dachte man ähnlich.
Meinungsverschiedenheiten bei der Besetzung der lutherischen Pfarrstelle in der Dionysiuskirche in Herne führten dazu, dass die Strünkeder auf ihr Vorschlagsrecht verzichteten. So wurden dort nur noch solche Kandidaten zu Pfarrern, die von der Gemeinde gewählt worden waren. Damit war das Patronatsrecht von Strünkede überflüssig und wurde am 1. Dezember 1786 aufgelöst.
Finanzielle Gründe zwangen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu Einsparungen im Kirchspiel Strünkede. Auch die Einkommen der Pfarrer in der Schlosskapelle konnten nicht mehr gesichert werden. Deshalb wurden die Stellen von Strünkede und Castrop zusammengelegt und im Jahr 1845 durch die Angliederung der reformierten Gemeinde Strünkede an die lutherische Gemeinde Herne ersetzt. Heute wird die Schlosskapelle für Hochzeiten genutzt.

Wolfgang Viehweger

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