Der Alte Mann


Albtraum im Alten Mann (Zeichnung von Rolf Hölter)

Achilles, der Künstler und Berggeist, hatte sich seit einiger Zeit in einem toten Grubenfeld auf der Zeche Providence sein Atelier nach seinen Ansprüchen eingerichtet. Er malte gerade an einer „Nature morte“ im Emscherbruch. Nun war er erzürnt, wagten es doch zwei Hauer, seine Ruhe zu stören, und das mit Presslufthämmern. Sie hatten den Auftrag bekommen, in dem Grubenfeld, genannt „Alter Mann“, einen Durchschlag zur nächst höheren Sohle zu machen, damit die verbrauchte Luft in diesem Teil des Stollens besser abziehen konnte. Die Bergleute wussten nicht, ob hinter dem Steinversatz ein Wassernest lauerte, das ihnen gefährlich werden konnte.
Als sie weiter bohrten, ertönte von oben her plötzlich ein Knall, Steinbrocken flogen ihnen um die Ohren, auch glaubten sie in ihrer Panik, ein Ungeheuer zu erblicken. In rasender Fahrt wurden sie vom einbrechenden Wasser den Schacht hinunter gespült und gegen eine Eisenleiter gedrückt, die nach oben führte. Allerdings hatte das Wasser sie zu einer Seite geschwemmt, wo keine Leute arbeiteten und die Grenze des Grubenfeldes erreicht war. Sie krochen die Leiter hinauf und beteten, dass das Wasser nicht höher steigen möge. Doch Achilles hatte sich schon ausgetobt, seine Wut war verraucht.
In der Dunkelheit machten sich die beiden auf die Suche nach einer Luftleitung. Als sie diese gefunden hatten, klopften sie immer wieder daran, bis die Klopfsignale gehört wurden. Als die Retter die Unglücklichen befreiten, wollten sie nicht glauben, dass es in dem Alten Mann ein Wassernest gegeben hatte. Auch der Betriebsführer konnte sich nicht erklären, wie das Wasser dorthin gekommen war. Der einzige, der es wusste, war Achilles, welcher seine Ruhe im alten Grubenfeld verteidigt hatte. Natürlich war sein Atelier, wo er wohnte, völlig trocken und gemütlich wie zuvor.

Wolfgang Viehweger

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