Die Händler


Für sie – meist wieselige und nervöse Typen – sind die Pausen die ereignisreichsten und anstrengendsten Minuten des Schulalltags. Sie kaufen, tauschen und verkaufen: Kondome, Pornos, Bonbons, Schokolade, Briefmarken, „Bravos“ u.a.
Ohne sich überhaupt für Briefmarken zu interessieren, kaufen sie teure und seltene, die Mitschüler aus dem Album des Vaters entwendet haben, tauschen sie gegen geklaute Autoradios, um diese dann wieder gegen die Übernahme eines alten Fahrrades oder eines noch neuen Walkmans zu verwenden. Gegen 11.30 Uhr haben sie die Ware meist an jüngere Schüler verkauft und soviel Geld in der Tasche, dass sie sich den besten Döner leisten können, dazu eine große Cola.
Auf diese Weise, die anstrengend ist und viel Geschick verlangt, bereiten sich die Händler auf eine Karriere vor, die sie – je nach Umständen – zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats einer internationalen Ölgesellschaft führt – oder aber zum Teilhaber eines Trödelladens am Rande des Existenzminimums.

(„Wie deutsche Schüler leben und denken, lieben und leiden, gehört zu den harten Realitäten der gesellschaftlichen Entwicklung, an denen kein Politiker in Zukunft mehr achtlos vorbeigehen kann.“ - Heinrich Pestalozzi)

Wolfgang Viehweger

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