Nachbetrachtung zur Veranstaltung des Kulturvereins Herner Netz e.V.
im Schollbrockhaus am Sonntag, dem 29. März 2009

Zur Erinnerung an die Zechen unserer Stadt zeigte der Kulturverein Herner Netz im Schollbrockhaus eine zweistündige Bilddokumentation. Den Anfang machten die Wanne-Eickeler Zechen Pluto-Thies, Pluto-Wilhelm und Unser Fritz. Es folgten die drei Herner Franzosenzechen Julia/Barillon, Von der Heydt/Providence und Mont Cenis. Eingerahmt wurde die Dokumentation durch eine Ausstellung von Zechenbildern und Bergmannszubehör. Die Einführung machte der Historiker Wolfgang Viehweger aus seinem Buch „Die Spur der Kohle...“
Die Zeche Pluto-Wilhelm hat eine besondere Bedeutung, weil sie in die deutsche Nachkriegsliteratur eingegangen ist. Im Jahr 1963 berichtet Günter Grass in den „Hundejahren“ über seine Zeit als Arbeiter auf dieser Zeche unmittelbar nach dem Krieg. Sein Begleiter ist der ehemalige Hund des Führers, dessen Name nicht mehr Prinz, sondern Pluto ist. Eine Generation später kommt Michael Holzach mit dem Hund Feldmann ebenfalls an Pluto vorbei. Er berichtet darüber in seinem Buch „Deutschland umsonst“ im Jahr 1982.

 

Als Feldmann Pluto besuchte

Ende der 70er Jahre unternahm der ehemalige Student, Redakteur der „Westfälischen Rundschau“ und Aussteiger Michael Holzach seine Wanderung durch Deutschland und suchte einen Hund als Begleiter. Er fand ihn in einem Tierheim. Das Tier war ein Boxermischling mit eingezogenem Schwanz, angelegten Ohren, die Stirn in Sorgenfalten, am ganzen Leib zitternd. Die grüne Kennkarte gab etwas spärlich Auskunft über den furchtsamen Häftling: „Farbe: braun; Alter: etwa ein halbes Jahr; Name: unbekannt; Handschriftlicher Zusatz: Mag das Autofahren nicht!“ Das gab für Michael Holzach den Ausschlag.
Er nahm den Hund an einer provisorischen Leine mit. Von Beginn an wusste der, mit der Nase dicht über der Straße, wohin es ging. So führte er seinen Herrn über Castrop, Baukau, Wanne, Bickern, Bismarck, Schalke, Heßler und Altenessen durchs Ruhrgebiet, vorbei an der alten Zeche Pluto und dem alten Bergmann Wachowiak. Dieser erzählte von seiner polnisch-pommerschen Heimat, der Arbeit im Pütt, den Fußballhelden Kuzorra, Tibulski und Cszepan, die damals für Schalke 04 Tore geschossen hatten. Er gestand, dass er immer noch der Madonna von Tschenstochau die Treue halte. Michael Holzach sah den Rentner prüfend an, konnte aber in seinen Gesichtszügen keinen Unterschied zu den Westfalen entdecken.
Als er mit seinem Hund, für den er inzwischen den Namen „Feldmann“ gefunden hatte, weil er gern auf den Feldern jagte, an der Kanalbrücke von Essen ankam, dachte er nach. Er hatte Hunger und überlegte, ob er es als Nichtsesshafter wagen könne, beim Italiener auf dessen Kosten eine „Saltimbocca alla Romana“ zu bestellen und viel Chianti dazu. Er teilte seine Absichten dem Begleiter mit, dessen Augen aufleuchteten. Feldmann liebte weniger die Pizza, dafür bevorzugte er Nudelgerichte, konnte er doch die italienischen Nudeln aus Hartweizen elegant vom Teller ziehen und mit Genuss verspeisen. Die beiden gingen also zur Taverna „La Grotta“.

Text und Fotos: Gerd Kaemper

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