Die Zeche Königsgrube


Im Jahr 1850 ist Gemeindevorsteher von Röhlinghausen der Landwirt Heinrich Blanke. Inzwischen fährt seit einigen Jahren schon die Köln – Mindener – Eisenbahn von Duisburg nach Hamm, aber in Röhlinghausen gibt es leider keine Bahnstation. Der nächste Halt ist erst in Herne.
Die Wegeverhältnisse in der Gemeinde sind schlecht und fast unpassierbar, weil sie meist sumpfiges Gelände durchqueren. Trotzdem treffen sich am 17. März 1855 einige wagemutige Geldanleger und Kaufleute aus Mülheim und Steele mit den Landwirten Wilban zu Röhlinghausen, Röhlinghaus, Monstadt zu Günnigfeld, Hüllen zu Hüllen, Niermann zu Hordel, Vogelsang zu Bönninghausen und Middeldorf aus Eickel zu einem Vermessungstermin. Die Muter wollen mit den genannten Eigentümern der Felder, unter denen Kohlevorkommen „vermutet“ werden, die Lochsteine zur Abgrenzung der Felder setzen, diese aufkaufen und damit die bisher landwirtschaftlich genutzten Böden zum Industriegelände entwickeln. Man wird sich schnell handelseinig, das Muten kann auf einer Fläche von 3.099 km² oder rund 310 Hektar beginnen.
Die ersten Grubenfelder tragen die Namen „Glückauf Lina“, „Glückauf Elise“ und „Glückauf Maria“. Obwohl die biederen Muter bei einer Tiefe von 120 Metern auf Kohle stoßen, sind sie von einer Steinkohlenzeche weit entfernt, weil die Kapitaldecke dazu nicht reicht. Deshalb empfiehlt der Repräsentant des Mutervorstandes, Friedrich Scherenberg, den gemeinsamen Besitz an Fachleute und Bankbesitzer zu verkaufen.
Nach Verhandlungen mit Interessenten aus Magdeburg und Essen wird am 27. Oktober 1855 ein Vertrag abgeschlossen. Verhandlungspartner von Magdeburger Seite ist der Bankier Hermann Alexander Zuckschwerdt, von Essener Seite der Kaufmann und Bergdirektor Friedrich Grillo, beide geradezu Profis unter den bisherigen Amateuren in Röhlinghausen. Zum Zweck der Ausbeutung der Felder wird in Magdeburg, wo die meisten Kapitalanleger wohnen, die „Magdeburger Bergwerks AG“ mit einem Aktienkapital von 500 000 Reichstalern gegründet. Der Name der Zeche ist „Königsgrube“. Zum ersten Vorstand gehören Hermann Alexander Zuckschwerdt und Christian Friedrich Budenberg aus Magdeburg, Friedrich Grillo, Friedrich Scherenberg und Friedrich Hammacher aus Essen. Man nennt sie scherzhaft die „drei Friedriche“.
Die Zahl der Bergleute, die zunächst aus Röhlinghausen stammen, reicht bei zunehmender Förderung und steigendem Arbeitsbedarf bald nicht mehr aus. So werden Arbeiter im Sauerland, in Hessen, in Österreich und in Oberschlesien angeworben. Zu den Infrastrukturmaßnahmen der umsichtigen Zechenleitung gehört die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Röhlinghausen. Bis zum Jahr 1857 müssen noch die sogenannten „Kohlentreiber“ auf schlammigen Wegen mit ihren Pferdekarren zum Bahnhof Herne fahren. Durch Verhandlungen mit der Nachbarzeche Pluto bekommt Königsgrube ein Anschlussgleis  an die Köln – Mindener – Eisenbahn und verbessert damit die Kohlentransporte und die Absatzchancen.

Im Jahr 1896 wird Daniel Bonacker, der es vom Pferdejungen zum Bergwerksdirektor gebracht hat, Direktor und Vorstandsmitglied auf Königsgrube; er wird es für 29 Jahre bleiben und alle Höhen und Tiefen dieser Zeche erleben. Daniel Bonacker vertritt als Gemeinderatsmitglied auch die Interessen von Röhlinghausen und prägt so die Aufbaujahre von Zeche und Gemeinde in gleicher Weise. Obwohl die Zechenanlagen während des Zweiten Weltkrieges erheblich beschädigt werden, geht der Betrieb weiter. Durch Anordnung der Alliierten Hohen Kommission von 1953 und die anschließende Entflechtungsaktion der Großindustrie vom 16. Februar 1954 wird das „Steinkohlenbergwerk Hannover – Hannibal AG“ mit einem Kapital von 35 Millionen Mark gegründet. Königsgrube geht am 22. März 1954 für einen Preis von etwa 21 Millionen Mark von der Deutschen Erdöl AG als Verbundbergwerk an die Gesellschaft, die früher der Firma Krupp in Essen gehörte.
Seit dem 16. Januar 1956 fördert man nun Königsgruber Kohle auf der Zeche Hannover. Der Tagebetrieb auf Königsgrube wird eingestellt.

Wolfgang Viehweger

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