Lokalgeschichte : Ein Franzose in Sodingen


Mit einer Gedenktafel und der Benennung eines Weges soll jetzt der Gründer der Zeche Mont Cenis geehrt werden. Dazu findet am 6. November in Sodingen ein Fest statt. Man schreibt das Jahr 1870. Nach jahrelangen Querelen eskaliert zwischen Frankreich und dem Königreich Preußen der Streit um die spanische Thronfolge, Kaiser Napoleon III. erklärt Preußen am 19. Juli den Krieg, der erst am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt endet. Just zu dieser Zeit, als preußische und französische Truppen sich erbittert bekämpfen, stellen sich dem Bochumer Unternehmer Wilhelm Endemann zwei Franzosen vor, die von ihm eine Mutung in Sodingen kaufen wollen: der eine, Joseph Pierre Monin, geboren in Marseille, der andere, François Auguste Viviers, geboren in Lyon. Die drei Männer werden sich handelseinig, kurz nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges unterzeichnen sie im Oktober 1871 den Konsolidationsvertrag. Monin und Viviers gründen die Zeche Mont Cenis. Doch während der Ire Thomas Mulvany (Shamrock, Hibernia) in Herne wohlbekannt und eine Straße schon lange nach ihm benannt ist, gerät Joseph Pierre Monin in Vergessenheit. Und nicht nur er: „Es gab hier früher eine ganze Anzahl französischer Zechen“, sagt Wolfgang Viehweger, „das weiß nur kaum noch jemand.“ Mit seiner neuen Veröffentlichung „Französische Zechengründer in Herne“, will der Heimatforscher aus Wanne-Eickel diese Gedächtnislücke nun schließen, die er auch auf die heute nicht mehr vorstellbare frühere Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich zurückführt.

Joseph Pierre Monin spielt in dem neuen Buch die zentrale Rolle. Seit 1999 hat Viehweger dessen Lebenslauf rekonstruiert, stößt bei seinen Recherchen sogar auf die Urenkelin des Mont Cenis-Gründers, Dominique L’Harmeroult, die in Evreux in der Normandie lebt. Sie lässt für den Wanne-Eickeler den Traum eines jeden Forschers wahr werden: Erstmals öffnet sie einen großen, alten Koffer mit persönlichen Unterlagen aus dem Nachlass ihres Urgroßvater und erlaubt Viehweger, damit zu arbeiten. So findet sich auch der Ehevertrag zwischen Joseph Pierre Monin und Mélanie Philiberte Pelletier, die aus ihrer ersten Ehe eine Tochter hatte: die Großmutter von Dominique L´Harmeroult. Leibliche Kinder von Joseph Pierre Monin sind keine bekannt. In Personalunion als Vorsitzender des Grubenvorstandes, des Generaldirektors, des Technischen und Kaufmännischen Direktors leitet Monin die Zeche Mont Cenis zwischen 1871 bis 1875, 1876 führt er ein arbeitsteiliges Management ein. Generaldirektor bleibt er aber noch bis 1878 und behält als Eigentümer seine Kontroll- und Entscheidungsfunktion. 1893 tritt das Unternehmen dem Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat bei und wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Bis zu seiner Rückkehr nach Frankreich im Jahr 1896 bleibt Monin Hauptaktionär. Ganz nebenbei sorgt er dafür, dass sich das 400-Seelen-Kaff Sodingen zu einem modernen Amt mit 9000 Einwohnern entwickeln kann - nicht ganz uneigennützig, denn die Zeche benötigt gut ausgebildete Mitarbeiter. So lässt Monin eine neue Schule bauen, die die einklassige Behelfsschule im Haus Wiesmann ablöst; 1894 bekommt Sodingen ein Postamt, Monin sorgt für die Elektrifizierung, ergreift die Initiative für Wohnungs- und Straßenbau, für die Wasser- und Gasversorgung. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich zieht Monin sich nicht ins Private zurück, sondern saniert erfolgreich die Erzgruben von Batère in Arles-sur-Tech in den Ostpyrenäen; die Villa, die er sich dort bauen lässt, dient heute noch der Gemeinde als Rathaus. 1910, vor 100 Jahren also, stirbt Monin in Paris.

(Info) Gedenktafel und Wegtaufe
Es ist Zeit, dass Herne den Mann ehrt, der sich wie kaum ein anderer um Sodingen verdient gemacht hat, meint Wolfgang Viehweger. Das soll am 6. November geschehen: Bei einer Feier ab 11 Uhr in und an der Akademie Mont Cenis wird zum einen eine Gedenktafel enthüllt, die an den Gründer der Zeche erinnert. Zum anderen bekommt der Panoramaweg, der entlang der Pappelallee um das Akademie-Gelände führt, den Namen „Joseph-Pierre-Monin-Weg.“

Herne, 13.10.2010, Quelle WAZ Gabriele Heimeier

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