Fred Endrikat
Leben unter dem Förderturm

Fred Endrikat (Zeichnung von Wolfgang RinghutAm 7. Juni 1890 erblickte der bekannteste Cranger Junge, Fred Endrikat, das Licht der Welt. Er war der einzige Knabe unter sechs Geschwistern in einem kleinen Haus auf der Heerstraße. In der Volksschule in Crange war er dem Zeichnen und der Poesie zugetan, auch las er viel und intensiv, was in dem kleinbürgerlichen, bildungsfernen Milieu seiner Familie eigentlich nicht üblich war. Der Vater war Bergmann. Mit 14 Jahren kam Fred in die Schlosserlehre, um einen soliden Handwerksberuf zu erlernen. Jedoch eignete er sich nicht dazu und brach die Lehre bald wieder ab. Auch als Pferdejunge auf der Zeche Shamrock III/IV in Wanne, der Arbeitsstätte seines Vaters, hatte er keine Ausdauer und auch als Lehrhauer fand er keinen Zugang zu der Arbeit, die ihm angeboten wurde. Stattdessen schrieb er Gedichte, lustige Texte und Sketche, welche er auf der Kleinkunstbühne der Gaststätte Nehring in Wanne-Süd abends den Gästen vortrug. Fred Endrikat war völlig aus der Art geschlagen, die Eltern waren ratlos.
Offenbar suchte der junge Mann das Abenteuer außerhalb der Heimat und ihres Milieus, auf das er allerdings immer stolz blieb. Wie er den Weg nach München gefunden hat, teilte er nie genau mit. Es dürfte ein sehr beschwerlicher und entbehrungsreicher gewesen sein, ohne Beruf und ohne Geld. Ein Antrieb war wohl der Wille, dass er seinen Eltern beweisen wollte: Auch die Kunst ernährt ihren Mann, nicht nur das Handwerk. In den Künstlerkneipen Münchens, dem heutigen Schwabing, zeigte er Parodien und Satiren des „Kleinen Mannes“, wie er es auch schon in Wanne-Süd getan hatte. Seine Vorbilder wurden Joachim Ringelnatz und Karl Valentin. Trotz allem blieb er in seinem Herzen ein Cranger Junge, den das Heimweh plagte. Ein Gedicht „Es gibt ein Stück Erde“ drückt das trefflich aus. Es ist Crange gewidmet.

Es gibt ein Stück Erde, an dem man klebt,
und das man im Herzen stets lieb behält.
Die Scholle, auf der man die Kindheit verlebt,
vergisst man niemals im Trubel der Welt.
Man kennt jedes Steinchen und weiß jeden Laut.
Es taucht vor uns auf, so lebendig und wach,
das Haus mit dem Gärtchen, so heimisch vertraut.

Die Tauben girren noch auf dem Dach.
Die rissige Mauer mit dem wilden Wein,

berankt bis zum Giebel grün und dicht.

Die Stare nisten am Dachfensterlein.

Der Vater kommt müde heim von der Schicht...“

Der Rat der Stadt Wanne-Eickel hat nach Fred Endrikat am 16. April 1964 eine Straße benannt und damit gewürdigt, dass er sich mit seiner Heimat immer verbunden fühlte, auch wenn er in der Ferne lebte.

Wolfgang Viehweger
Fred Endrikat (Zeichnung von Wolfgang Ringhut
)

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