Vom Bahnhof Wanne zum Hbf Wanne-Eickel


(Bild:  Alter Bahnhof Wanne um 1900)

Wanne erhält 1856 auf dem Gelände des Bauern Storp einen Güterbahnhof für die Zeche Pluto-Thies, dem 1864 ein Haltepunkt für den Personenverkehr folgt. Nach dem Bau einer neuen Bahnhofsanlage in den Jahren 1867 bis 1870 wird der Bahnhof Wanne mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke nach Münster am 1. Januar 1870 zum größten Eisenbahnknotenpunkt neben Hamm in Westdeutschland. Als einziger Bahnhof im Ruhrgebiet vereinigt er alle vier Betriebsarten: Rangierbahnhof, Heimatbahnhof für über 300 Lokomotiven und Triebfahrzeuge, Bahnhof für den Güter- und Personenverkehr. Von da ist es kein weiter Weg zum Beinamen des Hauptbahnhofs Wanne-Eickel, der auf die ganze Stadt übertragen wird: „Wanne-Eickel, die Stadt der 1000 Züge“. Von dem Wanner Hauptbahnhof gibt es viele Geschichten, an die man gern erinnert wird, weil sie humorvoll und voller Situationskomik sind. Hier zwei Beispiele:

In seinen Erinnerungen schreibt der ehemalige Oberbürgermeister von Herne und Hauptmann der Reserve, Hermann Schaefer, wie er am 24. September 1884 den Kaiser Wilhelm I., der zu einer Truppenbesichtigung nach Düsseldorf fuhr, mit wichtigen Stadtvertretern bei einem Halt am Hauptbahnhof Wanne begrüßte: „Ich zog meine Hauptmannsuniform an und begab mich nach Wanne. Dort stieg ich auf den Bahnsteig. Zunächst fiel mir die Anwesenheit einer erheblichen Zahl von bekannten Hotelbesitzern auf. Sodann sah ich etwa 20 Pfarrer beider Konfessionen. Es kam mir ein verwegener Gedanke, den ich sofort in die Tat umsetzte. Ich machte die Geistlichen höflich darauf aufmerksam, dass der Kaiser in erster Linie Soldat sei. Die Herren möchten sich doch nicht in zwei ungeordneten Haufen bewegen, sondern militärisch aufstellen. Das werde dem greisen Monarchen sicherlich gefallen. Dreist rangierte ich die Herren nach der Größe, ohne Rücksicht auf die Religionszugehörigkeit, in ein Glied, richtete die Linie aus, so gut dies bei ungedienten Männern mit sehr verschiedenem Leibesumfang möglich war, und zeigte ihnen, wie durch Anlegen der Hand an die Kopfbedeckung zu grüßen sei. Alsdann stellte ich mich selbst an den rechten Flügel. Da fuhr der Sonderzug ein. Wir hatten Glück, denn genau vor uns hielt der Kaiserwagen. Ein Fenster wurde herabgelassen, und der Monarch erschien in dem Rahmen. Er lachte herzlich über unsere Aufstellung und winkte uns heran.“ Die Audienz am Bahnsteig dauerte sieben Minuten, wobei Hermann Schaefer, der im 5. westfälischen Korps gedient hatte, der Wortführer des Begrüßungskomitees war. Der Kaiser soll sich bei der Weiterfahrt nach Düsseldorf sehr anerkennend über die Kaisertreue der Wanner geäußert haben. Wegen der vielen Hochrufe und der lärmenden Musik eines Spielmannszuges war ihm ganz entgangen, dass Hermann Schaefer ein Herner war.

Beinahe wäre Kaiser Wilhelm II. am 2. April 1906 am Hauptbahnhof Wanne ausgestiegen, um die „Helden von Courrières“, welche einen Monat vorher über 100 französische Kumpel aus Liétard, Montigny und Courrières nach dem großen Grubenunglück vom 10. März 1906 gerettet hatten, in besonderer Weise zu ehren. Er wollte die Bergleute vom Grubenrettungsdienst der Zeche Shamrock in Herne besuchen und ihnen für ihre Tapferkeit Orden verleihen. Da es seine Berater aber für politisch wichtiger hielten, die Ehrung der Bergleute mit einer Militärparade in der Kaserne des 11. Husarenregiments in Krefeld zu verbinden, wurde die Planung kurzfristig geändert.
Der Kaiser stieg nicht aus, sondern fuhr weiter in Richtung Krefeld. So mussten die Herner Bergleute ihm nach Krefeld folgen. Dort erhielten sie, die in Reih und Glied in schwarzen Bergmannskitteln angetreten waren, nach der zweistündigen Parade und in glühender Mittagshitze, je einen Händedruck und einen Orden vom Kaiser. Die Zeremonie gestaltete sich beschwerlich, da der Kaiser auf einem weißen Pferd saß und nicht abstieg. Damit wurde der Abstand zwischen dem Monarchen und seinen Untertanen gewahrt.

(Aus dem Buch „Harkort in Eickel“ von Wolfgang Viehweger, 2012)


(Bild: Neuer Bahnhof Wanne-Eickel um 1926)


(Bild: Hbf Wanne-Eickel 2012)


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