Der Untergang der Lutenburg und der Burg Lakenbruch


Die Lutenburg, deren Existenz geschichtlich ungesichert ist, stand nach der Sage auf dem Gelände der späteren Zeche Alma in Ückendorf. Beim Bau der Zeche in den Jahren 1850 bis 1870 wurden allerdings keine Reste gefunden. Die Burg hatte „der Erdboden verschluckt“. Das altsächsisch/altfriesische Wort „luter“ bedeutet prächtig/stattlich. Die Lutenburg war demnach ein Prachtbau, wahrscheinlich ein Schloss. Hohe Türme und Erker erhoben sich über dem tiefen Wassergraben, der das Schloss umgab. Große Fenster und breite, gewölbte Tore zierten die Seiten und Flügel der Anlage, deren Inneres mit riesigen Sälen und vielen Kaminen kostbar geschmückt war.
Dort wohnte der Raubritter Egon von der Lutenburg, der sich einen Spaß daraus machte, Kaufleuten aufzulauern, die friedlich auf der nahen Salzstraße zum Niederrhein zogen.
Auch die Bauern waren vor ihm nicht sicher. Im Schutz der Dunkelheit trieb er mit seinen Spießgesellen die Tiere von den Weiden bis nach Bochum und verkaufte sie dort für gutes Geld. Darüber waren die Bauern so verbittert, dass sie die Lutenburg mitsamt ihren bösen, erbarmungslosen Bewohnern verfluchten: „Möge die Burg im Boden versinken und niemals mehr auftauchen!“
Tatsächlich versank die Lutenburg alsbald im Wassergraben, so dass nur noch die Zinnen und Turmspitzen herausragten. Wenig später verschwanden auch die Reste in der grundlosen Tiefe des Wassers.
Ähnlich erging es den Rittern von Aschebrock auf der nahen Burg Lakenbruch. Der Name bedeutet „Burg auf einer Salzwiese“. Sie führten ebenfalls ein lasterhaftes Leben. Sie waren wie die Lutenburger üble Viehdiebe und Raubritter. Lange hatten sie zu den „Salzbaronen“ gehört, welche seit 1356 vom König das „Salzregal“ verliehen bekommen hatten. Das zur Lebenserhaltung unentbehrliche Salz wurde durch Verdunsten auf Salzwiesen gewonnen, gereinigt, in Salzpfannen ausgekocht und reduziert. Das Salz spielte nicht nur in der menschlichen Ernährung eine Rolle, sondern auch bei der Tierhaltung (Lecksteine). Als die Produktion von Steinsalzen aus dem Bergbau zunahm und die Gewinnung des Siedesalzes zurück drängte, traf das nicht nur die Salzsieder, sondern auch die Adeligen. Sie verloren wichtige Einnahmen und suchten, jenseits von allen Pflichten und Tugenden, andere Einnahmequellen. Ein Jürgen von Aschebrock soll von einer alten Frau, der er die einzige Kuh gestohlen hatte, mit folgenden Worten verflucht worden sein: „Wenn meine Kuh aufschreit, sollst Du sterben!“
Eines Abends schien es auf der Burg nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Das Vieh in den Ställen war außer Rand und Band. Kühe schrien und Ochsen brüllten nach Leibeskräften; Hühner gackerten wie wild; selbst die geduldigen Pferde waren wie verhext. Sie wieherten, schnauften und scharrten mit den Hufen. Etwas Unheimliches lag in der Luft. Von diesem Lärm erwachte eine Magd und spürte, dass gleich etwas Grauenvolles geschehen würde. Sie rannte zum Stall und öffnete den Tieren die Tore. Dann zog sie den stärksten Ochsen ins Freie, schwang sich auf seinen Rücken und trieb ihn zur Eile. Kaum war sie mit ihm und den flüchtenden Tieren auf freiem Feld angekommen, krachte hinter ihr das Gemäuer der Burg mit lautem Getöse in sich zusammen. Die Magd sank auf die Knie und betete für die elendig Umgekommenen. Das freie Feld, auf dem die Gerettete damals betete, heißt noch heute die „Ossenkuhle“.

Wolfgang Viehweger

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