Die Herren von Gysenberg (Wirtschaftliche Verhältnisse)


Zeichnung W. Ringhut

Das Geschlecht derer von Gysenberg wird erstmals im Jahr 1217 mit Rötger (Röttger) von Giesenberge urkundlich erwähnt. Das Märkische Schatzbuch von 1486 verweist auf die ersten landesständischen Steuern, die von dem Grafen von der Mark dort erhoben wurden. Schließlich gibt es noch die Türkensteuerlisten von 1542 und 1598 und einen sogenannten „Schatzzettel“ vom Jahr 1625. Darin findet man Aufschluss über die Bewohner des Gysenbergs, ihre Steuerkraft und ihre Beziehungen zueinander. Außerdem gibt die erste genaue Katastervermessung von 1826 die Größe ihres Besitzes an. Demnach umfasst die Gemarkung Gysenberg eine Fläche von 477 Morgen und 155 Ruten (1 Rute = 15 Fuß; 300 Fuß = 1 Morgen). Die Flurstücke tragen noch heute die mittelalterlichen Flurnamen. Mit ihrer Hilfe ist ein Spaziergang durch die Gemeinde und das Besitztum des Röttger von Gysenberg und seiner Nachkommen möglich.
Der ursprüngliche Rittersitz war eine Wasserburg im Mühlenteich. Ihre Gräfte wurde von dem Wasser des Ostbachs gespeist. Die Burg soll eine Zugbrücke zum Norden hin gehabt haben und einen Schutzwall.
Um 1550 wurde die alte Anlage von Johann von Gysenberg abgebrochen und östlich davon im „Gysenberger Busch“ ein Schloss errichtet. Dieses ließen die Grafen von Westerholt-Gysenberg zwischen 1816 und 1830 abreißen. Mit den Steinen des Schlosses wurde die Rentei gebaut (Wohnhaus und Verwaltung des Rentmeisters Galland). Sie war 1830 bezugsfertig und erhielt 1894 das Aussehen, das sie heute noch hat. Zu dem Wirtschaftsgebäude, gelegen „Am Schottenbusch“, gehörten zwei Mühlen, eine Korn- und eine Ölmühle. Die Gewinnung des Öls erfolgte aus Ölfrüchten (Bucheckern, Nüssen) und Ölpflanzen (Raps, Rübsen, Leinsaat, Leindotter und Ölrettich).

Von 1742 bis 1830 wohnte im Haus Galland der Rentmeister, der gleichzeitig Gutsverwalter und Bauer auf eigener Scholle war. Nach dem Umzug in die neue Rentei teilte sich die Familie in zwei Linien, die der Rentmeister und die der Bauern. Die Funktion der Gutsverwalter endete 1927 mit dem Verkauf des Gutes Gysenberg an die Stadt Herne, während die bäuerliche Linie bis heute im Haus Galland lebt.

Der Schulte (Rentmeister) verwaltete nicht nur selbständig den Gutshof, sondern trieb auch die Steuern ein und hatte u.a. die Handlungsvollmacht bei Hofübertragungen vom Vater auf den Sohn und bei Hofauflösungen im Todesfall. Außerdem regelte er die Abzugsfähigkeit oder den Erlass von Steuern nach Kriegsschäden, Unglücksfällen und Naturkatastrophen. Der Verwalter musste fähig sein zur Planung, Kalkulation und Rechnungslegung. Er war im modernen Sinne ein Manager. Die Verwalter der Herren von Gysenberg müssen bis zur Bauernbefreiung am Beginn des 19. Jahrhunderts so gut gewesen sein, dass die abhängigen Bauern über ihre Freiheit nicht unbedingt in „nationale Begeisterung“ ausbrachen, da sie – nach den Ablösungsverträgen vom Gutsherrn – nun in allen Wirtschafts-, Finanz- und Rechtsfragen selbst verantwortlich waren. Manche von ihnen konnten zu der Zeit nur bedingt lesen, schreiben und rechnen.

Wolfgang Viehweger

zurück