Der Ursprung der Cranger Kirmes

Schon um das Jahr 1350 hatte Heinrich von Eickel, der das Haus Horst von dem Grafen von Limburg zu Lehen besaß, für die Bewohner des Emscherbruchs eine Kapelle stiften wollen. Wegen des Dauerstreits zwischen dem Erzbischof von Köln und dem Grafen von der Mark um die Grenzziehung im Emscherbruch konnte er seinen Plan nicht verwirklichen. Die Emscher spielte dabei nicht mit, weil sie durch die jährlichen Überschwemmungen ihr Flussbett immer wieder änderte und somit auch den Grenzverlauf. Es gab also keine feste Grenze, sondern nur eine „fließende“. Eine Landvermessung im heutigen Sinne war damals noch nicht üblich. Erst sein Enkel Dietrich nahm 1440 das Projekte der Stiftung wieder auf. Allerdings sollte die Kapelle erst beim Haus Horst errichtet werden, schließlich bei seinem neuen Haus in Crange. Man begann mit dem Bau im Jahr 1447, als die Emscher nicht mit Überschwemmungen drohte. Das Holz für die Kirche wurde aus dem Emscherbruch geholt, die notwendigen Steine aus den Steinbrüchen an der Ruhr.
Den Eifersüchteleien zwischen dem Herzog Adolf von Kleve und seinem Bruder, dem Grafen Gerd von der Mark, begegnete der Bauherr mit dem Angebot seines Besitzes Crange als Offenburg für beide Seiten im Kriegsfall. Außerdem stimmte er den dritten politischen Interessenten am Emscherbruch, den Erzbischof von Köln, Dietrich von Moers, der gleichzeitig Graf im Vest Recklinghausen war, in der Weise günstig, dass er ihm 9000 Gulden versprach, wenn er den Bau der Kirche nicht nur befürworte, sondern sie auch einweihe. Er könne auch den Namenspatron benennen.
Der Erzbischof, der zeitlebens in Geldnöten war, kam tatsächlich am Tag der Einweihung, am Sonntag, dem 10. August 1449 (dem Laurentiustag), nach Crange und weihte die „Laurentiuskapelle“ ein, was nicht einer gewissen Hintergründigkeit entbehrte, waren doch die „Laurentiuskirchen“ allgemein als Besitzanzeiger der Erzbischöfe von Köln bekannt. Die diplomatische Reaktion von der anderen Seite ließ nicht auf sich warten. Herzog Johann von Kleve, der Nachfolger seines Vaters Adolf, der ein Jahr zuvor verstorben war, erklärte sich zum Förderer der Laurentiuskapelle und setzte für deren Unterhalt eine Rente aus. Im August 1449 ging es nur vordergründig um die kleine Hauskapelle des Dietrich von Eickel, die ihm und etwa 40 Personen der Schlossgemeinde Platz bot. Viel wichtiger war die geographische Lage, in der sich die Kapelle befand. Damals gehörte Crange noch nicht zur Grafschaft Mark, sondern zum Vest Recklinghausen, und damit zum Einflussbereich des Erzbischofs von Köln, der die Kirche einweihte und die Namensgebung bestimmte (St. Laurentius und St. Antonius als Kirchenpatrone). Auch der Herzog Johann von Kleve als Lehnsherr von Crange demonstrierte seine politischen Ansprüche durch die Fürsorgemaßnahmen für das neue Gotteshaus. Unterdes saß sein Onkel, Graf Gerd von der Mark, grollend auf seiner Burg Mark bei Hamm und schaute aus der Ferne tatenlos zu, weil er nichts gegen die beiden Potentaten unternehmen konnte, obwohl er eigentlich Haus Crange zu seinem Machtbereich zählte. Er wurde einigermaßen zufrieden gestellt, dass ihm Haus Crange als Offenburg zur Verfügung stand. Es steht nirgendwo, dass er zur Einweihung in Crange eingeladen war. Wenn er eingeladen worden wäre, hätte er wahrscheinlich abgesagt. Der 10. August 1449 war nicht sein Tag!
(Aus dem Buch: Wäre nicht der Bauer, hätten wir kein Brot“ von W. Viehweger)

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