Die weiße Frau von Schloss Dahlhausen

 

Dahlhausen war eine Gründung des Johannes von Dahlhausen im Jahr 1321. Die Burg war lehnsabhängig vom Stift Essen. Der Name könnte von dem altfriesischen Wort „dahl“ abgeleitet sein, was Birkenrinde bedeutet. Der Ritter von Dahlhausen hatte im 15. Jahrhundert einen Sohn und zwei Töchter. Elsebe (Elisabeth), die ältere, die wegen ihrer Schönheit „Schön – Elsken“ genannt wurde, wollte aus Habsucht das Schloss und seine Güter weder mit den Eltern noch mit den Geschwistern teilen. So fasste sie einen furchtbaren Plan. Heimlich braute sie ein tödliches Gift und reichte es den ahnungslosen Eltern und ihren Geschwistern. Alle starben am folgenden Tage einen schrecklichen Tod. Nun war Elsebe die Alleinerbin, und bald kamen von nah und fern viele junge Edelleute, die um die Hand der schönen und vermögenden Frau anhielten. Ihre Wahl fiel auf den stattlichen Heinrich von Düngellen, dessen Stammsitz in Castrop war. Es schienen sich für Elsebe alle Träume von Macht und Reichtum zu erfüllen. Aber bald nach der Hochzeit überfielen die Mörderin, wenn sie zu Bett ging, furchtbare Gewissensqualen, die ihr den Schlaf raubten. Ganz deutlich sah sie das vor Schmerz entstellte Gesicht ihres Vaters vor sich. Dieser sprach: „Dreihundert Monate zählte Dein Leben, als Du die Mordtat verübtest.
Dreihundert Jahre lang sollst Du im Grab keine Ruhe finden, sondern im Schloss umgehen. Danach sollst Du vom Fluch entbunden sein, aber Dein Geschlecht soll untergehen.“ Die schreckliche Prophezeiung erfüllte sich: Nach ihrem Tod entstieg Elsebes Geist am Jahrestag des Giftmordes dem Grab, angetan mit einem weißen Schleier, ein Kinntuch umgab das aschfahle Gesicht. An den Händen trug Elsebe schwarze Handschuhe und am Gürtel des weißen Totenkleides einen Schlüsselbund. So schwebte sie leise seufzend über die Treppen und Flure, wie das Gesinde des Schlosses schaudernd beobachtete. Danach kehrte sie todtraurig ins Grab zurück. Im Jahr 1802 ist die weiße Frau zum letzten Mal erschienen. In diesem Jahr starb Freiherr Carl Amelius von Düngellen zu Dahlhausen ohne leibliche Erben und ohne Testament. Seitdem hat Elsebe Ruhe. Ihre Taten sind gesühnt.

Wolfgang Viehweger

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