Joseph Pierre Monin

Joseph Pierre Monin, geboren 1837 in Isère am Fuße des Mont Cenis, gestorben 1910 in Paris, ist der Sohn des Generals Joseph Monin und seiner Ehefrau Lucie. Der Ursprung der Offiziersfamilie liegt in Cressier, der französischen Schweiz, unmittelbar an der deutsch-französischen Sprachgrenze, weshalb sich die Herren von Monin auch die „Herren von Montbach“ nennen. Ein Vorfahre, Franz von Monin, tritt in französische Dienste und wird 1745 Generalleutnant. Seitdem ist die Familie französisch. Joseph Pierre Monin verbringt seine Studienzeit in Paris, wo er an der École Polytechnique ein Ingenieursstudium absolviert. Er studiert Hüttenbau und Maschinenkunde. Die Hochschule gehört zu den französischen Eliteschulen. Ihre Absolventen machen Karriere beim Militär, in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Offenbar findet Monin nach Beendigung des Studiums schnell Kontakt zu dem kapitalkräftigen Investor F- Auguste Viviers aus Lyon. Im Jahr 1870 erscheinen die beiden Männer bei dem Unternehmer Wilhelm Endemann, der in überregionalen Zeitungen seine Mutung in Sodingen zum Kauf angeboten hat. Man wird sich handelseinig. Monin und Viviers erwerben am 7. Oktober 1871 das Zechengelände für 450 000 Mark. Am 15. November 1871 erfolgt der erste Spatenstich. Die Eintragung beim Oberbergamt in Dortmund am 27. Juli 1872 bestätigt den Kauf. In wenigen Jahren gelingt es Monin, die Privatzeche Mont Cenis mit einem modernen, arbeitsteiligen Management auszustatten. Er selbst, der zwischen 1871 und 1875 Vorsitzender des Grubenvorstands, Generaldirektor, technischer und kaufmännischer Direktor in einer Person sein muss, weil geeignete Mitarbeiter noch fehlen, gibt erst dann die vielen Aufgaben ab, als fähige deutsche Ingenieure angeworben werden können.
Im Jahr 1893 wandelt Monin das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um. Er bleibt bis 1896 Hauptaktionär. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Zeche Mont Cenis sorgt Monin für den Aufschwung der Gemeinden Sodingen, Holthausen und Börnig. Er macht aus der Landgemeinde Sodingen, die 1872 knapp 400 Einwohner zählt und weder eine Kanalisation noch elektrisches Licht besitzt, ein modernes Amt mit 9000 Einwohnern.
Monin wohnt in einer Direktorenvilla an der von ihm gebauten Mont-Cenis-Straße. Für die Kinder lässt er am 1. April 1885 eine neue Schule bauen, welche die einklassige Behelfsschule im Haus Wiesmann ablöst.
Am 1. Mai 1894 wird das Postamt gegründet, das bis 1905 im Haus Wiesmann untergebracht ist, bis das neue Postgebäude an der Hermannstraße eröffnet wird. Da noch kein Amt Sodingen existiert, muss Monin die Verwaltung der Zeche Mont Cenis mit der Gemeindevertretung Sodingen und der Bürgerschaft koordinieren, um eine effektive Infrastruktur zu schaffen. So wird auf seine Initiative ein Leitungsnetz angelegt, beliefert mit dem Strom der Zeche, es folgen der Wohnungsbau, der Straßenbau und die Gas- und Wasserversorgung. Zeugen dafür sind noch heute die Mont-Cenis-Straße als wichtige Verbindung zwischen Sodingen und Herne und der „Volksturm“ im Sodinger Park, der ehemalige Wasserturm der Schachtanlage II/IV. 1896 verlässt Monin Sodingen. Dass Hermann Heyer, ein ungewöhnlich fähiger Bergbauingenieur, Nachfolger und Generaldirektor wird, ist Monins Menschenkenntnis zu verdanken. Heyer leitet bis 1920 die Geschicke der Zeche Mont Cenis. Joseph Pierre Monin wohnt nach seiner Rückkehr aus Westfalen in Paris, legt aber die Hände nicht in den Schoß, sondern kauft am 17. März 1897 von dem Marquis Albert de Vogüe die Erzgruben von Batère in Arles-sur-Tech in den Ost-Pyrenäen. Er macht aus dem maroden Unternehmen einen florierenden Industriebetrieb und aus der kleinen Gemeinde Arles-sur-Tech einen Ort mit Bahnanschluss, Straßen, Geschäften und Häusern für seine Ingenieure, Beamten und Arbeiter. Im Jahr 1901/02 baut Monin, der in dieser Zeit geheiratet hat, für sich und seine Frau Mélanie eine Villa im Jugendstil. Sie ist heute das Rathaus der Stadt Arles-sur-Tech. Erst 1908, inzwischen 71 Jahre alt, verkauft Monin die Erzgruben von Batère an ein Unternehmen in der Auvergne und bezieht mit seiner Frau eine neue Wohnung in Paris an der Rue St. Lazare. Zwei Jahre später stirbt der Mann, der seine berufliche Tätigkeit über sein Privatleben stellte. Er wird schnell vergessen, weil zu Beginn des 20. Jahrhunderts europäisch denkende und handelnde Menschen in Deutschland und Frankreich absolute Ausnahmen sind.


Wolfgang Viehweger

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