Der seltsame Knecht des Arnd von Gysenberg

Als Ritter Arnd von Gysenberg zu Henrichenburg im Jahr 1482 eines Tages an der Emscher entlang ritt, die an seinem Besitz vorbeifloss, trat ein fremder Mann auf ihn zu. Er war gekleidet in einen gewöhnlichen grauen Kittel, hatte ein grobes Gesicht und verarbeitete Hände. Der Mann bot dem Ritter seine Dienste an und meinte, als jener ihn nach dem geforderten Lohn fragte, darum wollten sie sich wohl einig werden. So nahm ihn der Ritter in Brot und Arbeit und fand in ihm einen treuen, fleißigen Knecht. Als der Mann sieben Jahre gedient hatte, sagte er zu seinem Herrn: „Meine Zeit ist um, ich verlange keinen anderen Lohn als ein zweischneidiges untadeliges Schwert, was ehrlich erworben ist.“
Der Ritter ging zu einem Schmied und erstand ein solches, handelte aber vier Pfennige davon ab. Der Knecht nahm das Schwert, führte Arnd von Gysenberg zur Emscher und sagte zum Abschied: „Ich muss jetzt zu meinem Vater in dem Fluss zurück, aber ich fürchte, dass die Zeit, welche mir gesetzt wurde, schon abgelaufen ist. Mein Weg geht durch ein Tor tief unten, das von zwei Hunden bewacht wird. Ist das Schwert untadelhaft, komme ich zur rechten Zeit und kann die Hunde abwehren. Ist das Schwert tadelhaft, komme ich zu spät und werde von den Tieren zerrissen. Du sollst selbst sehen, welches mein Schicksal ist; denn im zweiten Fall erscheint Blut auf dem Wasser.“ Darauf schlug er mit dem Schwert kreuzweise auf die Emscher, so dass diese sich teilte, und stürzte sich hinein. Als sich aber die Wellen geschlossen hatten, wurde die Emscher blutigrot.

(Aus dem „Die Grafen von Westerholt-Gysenberg“ von W. Viehweger)

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