Der tolle Bomberg / Wilde Ritte

 

„Der tolle Bomberg“, wie Josef Winckler ihn in seinem gleichnamigen Roman nennt, war niemand anderes als der Baron Gisbert von Romberg, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Westfalen seine Schelmenstreiche verübte. Leidtragende waren meist Standesgenossen, aber auch Amtspersonen und Behörden. Die Rombergs hatten Besitz in Brünninghausen, Buldern und Bladenhorst und waren sehr reich. So konnte der Baron große Gelage und die Schäden für seinen Schabernack, der ihm viel Spaß machte, mühelos bezahlen.

In Recklinghausen im „Deutschen Hof“ saß eine honorige Stammtischgesellschaft in riesige Dampfwolken gehüllt, und nichts verriet, dass etwas Besonderes in der Luft liege oder irgendeine Sensation im Anzug sei. Der Rasierer seifte gerade einen grauhaarigen Kunden ein, der Pfarrer ging im Garten des Pastorats St. Peter und schlug das Brevier auf, der Kreistierarzt kam von Herten her gefahren und schrieb ins Notizbuch „Geburt Kalb Müller“ – da gab es im „Deutschen Hof“ einen fürchterlichen Knall, als platze eine luftleere Kugel, und sausende Splitter schwirrten einen Strudel von Glas in den Raum. Jemand galoppierte quer durch die Spiegelscheiben! Die große aufgeklebte Goldtaler-Ehrenmedaille der Brauerei fuhr dem Reiter wie ein Diskus unter der Achsel dahin! Schnaubend und schweißend parierte der Gaul, die blutende Nase dem Postmeister hinter das Ohr steckend. „Schnabus!“ – schnarrte eine herrische Stimme, schallend klatschte eine Peitsche, während der Boden noch zitterte und die Wände im Kreise torkelten.
Lähmung sperrte Zungen und Ohren. Da brauste schon in Karriere der wilde Reiter fort, man hörte in Intervallen nur die zwei Doppelhufschläge vom Pflaster. Datternd schlugen alle Stimmen mit dem Lärm der Herabgestürzten in ein wirres Durcheinander der Entrüstung zusammen.

Josef Winckler

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