Die Beckumer bekommen hohen Besuch

Als am 25. September 1775 Ludolf Friedrich von Westerholt-Gysenberg das Schloss Henrichenburg an die Fürstäbtissin Franziska Christine von Essen verkauft hatte, ritt er noch einmal von Buer über Herten, Recklinghausen und Beckum nach Henrichenburg, um von seinem ehemaligen Jagdschloss Abschied zu nehmen.

„Als nun Ludolf Friedrich einherritt durch die Straßen von Beckum, da standen links und rechts viele Menschen, die den Freiherrn noch einmal sehen wollten. Auch sein Pferd wollten sie sehen. Feine Kleidung trugen sie, Hüte und Sonntagsschuhe. Die Straßen waren sauber, die Misthaufen hinter den Ställen verschwunden. Alles roch angenehm nach Landluft.
Viele standen ganz vorn in der ersten Reihe. Manche standen in der zweiten, dritten oder vierten Reihe. Was sich hinter der vierten Reihe abspielte, hatte mit einer Reihe nichts mehr zu tun. Das war ein Gedränge. So kam es also in den Herbsttagen des Jahres 1775, dass sehr viele Menschen in Beckum, um den Freiherrn Ludolf Friedrich zu sehen, sich nicht nur auf die Zehenspitzen stellten. Nein, sie reckten zusätzlich ihre Hälse. Sie reckten sie mit so ungeheurer Wucht und Begeisterung in die Höhe, dass die Hälse gereckt blieben, als der Herr schon längst weiter geritten war. Die Hälse blieben bei manchen gereckt ein ganzes Leben lang. Dieses Schicksal ereilte die besonders Neugierigen unter den Zuschauern.“ (Bericht eines Augenzeugen.)

Wolfgang Viehweger
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