Das Beckumer Pferdeei

Durch die Ortschaft Beckum bei Henrichenburg ist im ausgehenden Mittelalter einmal ein Mann aus Recklinghausen mit einer Ladung Kanonenkugeln gefahren, die man damals im Vest auch zum Senf- und Pfefferreiben zu brauchen pflegte. Da fragten die Beckumer den Händler, was er da mit sich führe, und er hat ihnen geantwortet, dass es „Pferdeeier“ seien.
Die Leute wurden neugierig, als sie das vernahmen, und baten ihn, ob er ihnen nicht eines verkaufen könne. Das wolle er gern tun, hat der listige Mann gesagt, und ihnen für schweres Geld eine Kanonenkugel verkauft, ihnen aber zugleich die Anweisung gegeben, wie sie das Ei  erfolgreich ausbrüten müssten. Sie sollten im Wechsel darauf sitzen und geduldig einige Monate warten. Gut Ding müsse eben Weile haben.
Das haben die Beckumer auch getan und sich redlich abgelöst, aber es ist kein Fohlen herausgekommen. Endlich ist es einem, der gerade brütete, doch zu lang geworden. Er ist ärgerlich aufgesprungen, hat mit dem Fuß vor das Ei getreten und es verflucht. Nun hat er aber gerade an einem Abhang gebrütet. Als er gegen das Ei trat, ist es hinunter gerollt und hat in einem Busch zufällig einen Hasen getroffen. Als dieser vor Schreck wegrannte, hat der Mann gemeint, das sei ein Fohlen und hat es aufgefordert, sofort stehen zu bleiben, weil es den Beckumern gehöre.
Der Hase aber überhörte die Aufforderung und ließ sich an seiner schnellen Flucht aus Beckum nicht hindern.

Wolfgang Viehweger
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