Achilles will etwas verschenken


Es ist klar, dass der „Glückauf-Gruß“ des Bergmanns so ernst genommen werden muss, wie er gemeint ist. Er ist ein Überbleibsel einer noch nicht entzauberten Welt, in der die Kraft der Magie wirkt. Als Björn Bullerdiek, Lehrhauer auf der Zeche Constantin, eines Tages in einen feuchten Stollen kam, zündete er seine Grubenlampe an und ging unverdrossen auf zwei rötliche Lichter zu, die ihn anzustarren schienen. Dort angekommen, bemerkte er, dass es sich um einen Feuersalamander handelte, der ihn über gekreuzten Tatzen aufmerksam ansah. Björn, der zu einfältig war, um erschrocken zu sein, grüßte freundlich: „Glück auf! Sie sind wahrscheinlich ein Berggeist, der einen anderen Berggeist sucht?“ Achilles nickte und fragte: „Sagen Sie, wo wir uns hier befinden?“, dabei schaute er weiter in das kindliche, unaufgeklärte Gesicht des jungen Mannes und hatte dabei schon einen Entschluss gefasst. Björn antwortete respektvoll: „In der Zeche Constantin zwischen dem Gysenberg und Bochum, nicht weit entfernt von Castrop.“ Achilles ließ es dabei bewenden, nahm Abschied und verschwand in einer Gesteinsspalte. Am nächsten Tag ging Björn mit dem Steiger Paul Gramann zu der Stelle, wo er den Berggeist getroffen hatte. Der Steiger prüfte mit seinem Stock das Gestein, schlug dagegen, kratzte ein wenig und entdeckte eine funkelnde Goldader, die eigentlich hier nicht sein konnte. Björn hatte zugesehen und begrüßte das Gold wie einen guten Freund, indem er ihm nach Bergmannsbrauch „Glück auf!“ zurief. Gramann aber lachte übermütig und entgegnete: „Wir brauchen keine Glückwünsche! Wir haben ja das Glück vor Augen!“ Als er sich wieder dem Gestein zuwandte, war die Goldader verschwunden. Sie ist auch nie mehr gesehen worden.

(Das Gründungsdatum der Zeche Constantin, gelegen südwestlich vom Gysenbergpark auf Bochumer Gebiet, ist der 15. August 1849. Die Geldgeber stammten aus den Kreisen Dülmen, Münster und Coesfeld. Bis 1914 waren auf der Zeche elf Schächte abgeteuft. Die Schächte IV/V wurden in der Herner Mark errichtet, der Schacht XI auf dem Gysenberg, nahe an den Teichen. 1964 ist die letzte Schachtanlage stillgelegt worden. Heute stehen über den Schächten IV/V und XI der Constantin-Park und der Freizeitpark Gysenberg.)

Wolfgang Viehweger

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