Haus Lüttinghof und der Schnapphahn

Die älteste urkundliche Erwähnung vom „castrum luttekenhove“ stammt vom 28. August 1308. Es handelt sich um eine Lehnsurkunde zwischen dem Kölner Erzbischof Heinrich II. und Dietrich von Lüttinghof, der als erster die Burg als Lehen bekam. Der Lehnsträger Dietrich übernahm eine Wasserburg in der Nähe des alten Handelsweges, der von Essen über Dorsten und Borken nach Holland führt (die heutige B 224). Unmittelbar vor der Burganlage mündet der Hasseler Mühlenbach in den Picksmühlenbach, der als Rapphofs Mühlenbach weiter nach Norden zur Lippe fließt. Die Bachläufe trieben zwei Kornmühlen, eine Ölmühle und eine Walkmühle an. Die Familie von Lüttinghof gewann politischen Einfluss im Vest und stellte von 1352 bis 1361 mit Dietrich III. den Amtmann in Recklinghausen und Dorsten. Dietrich III. starb 1376 ohne Nachkommen. Neuer Lehnsträger wurde Johann von Stecke aus dem Herzogtum Kleve. Sein Sohn Borchard II. nutzte die Burg für seine zahlreichen Fehden. Da er keine männlichen Erben hatte, heiratete seine Tochter Elisabeth im Jahr 1430 Reiner von der Ruer, der neuer Lehnsträger wurde. Mit ihm begann die unrühmliche Zeit der „Schnapphähne“ auf Lüttinghof.

1. Der Begriff „Schnapphahn“ taucht im 15. Jahrhundert erstmals auf und bezeichnet in der Zeit des niedergehenden Rittertums einen Wegelagerer zu Pferde oder Raubritter, der auf Handelswegen, die an seiner Burg vorbeiführen, den Kaufleuten auflauert. Abgeleitet ist der Begriff vom mittelhochdeutschen Wort „snap“, was Straßenraub bedeutet.

2. Eine Silbermünze des Herzogs Karl von Geldern (1492 – 1538) mit einem gewappneten Ritter auf der Vorderseite weist auf den Schnapphahn hin. Er kennt nur den Überlebenskampf.

3. Ende des 16. Jahrhunderts kommt eine neue Bedeutung auf, welche mit „Schnapphahn“ eine Flinte mit schnappendem Hahn bezeichnet.

Von Godert von Ruer ist aus dem Jahr 1465 die sogenannte „Kiliansfehde“ überliefert: Er hatte, als in Essen die Kilianskirmes gefeiert wurde, 800 Stück Vieh von den unbewachten Essener Weiden nach Lüttinghof treiben lassen. Seine Bauern und bezahlte Schützen aus Recklinghausen verteidigten die Burg und das Vieh gegen die erbosten Essener. Sein Sohn Burchard war ebenso skrupellos, als Schnapphahn raubte er ahnungslose Reisende aus oder nahm sie gefangen und ließ sie erst gegen ein hohes Lösegeld frei. Burchard starb kinderlos im Jahr 1513.

Der Kölner Erzbischof Philipp II. belehnte darauf Reiner von Raesfeld mit der Burg. Sein Enkel Reiner wurde 1586 Statthalter im Vest Recklinghausen. Seine Erbtochter Anna Clara von Raesfeld heiratete 1593 Heinrich Hugo von Amstenrath. Doch dieser geriet bald in Geldnot und verkaufte 1615 Lüttinghof für 4000 Reichstaler an den Grafen Wilhelm von Nesselrode. Bis 1718 blieb die Burg im Besitz dieser Familie, die ihren Stammsitz in Herten hatte. In diesem Jahr heiratete die Erbtochter Sebastiana von Nesselrode den Freiherrn Johann Rudolf von Twickel zu Havixbeck. Im Jahr 1803, als die Lehnsherrschaft der kurkölnischen Erzbischöfe aufgehoben wurde, kam die Burg endgültig in den Besitz der Familie von Twickel. 1976 veräußerte Clemens VI. die renovierungsbedürftige Burg an die Stadt Gelsenkirchen. Diese übertrug sie 1986 an die Westfälisch-Lippische Vermögensverwaltungsgesellschaft (LWL). Die Vorburg wurde abgerissen, das Herrenhaus restauriert. An der Stelle der Vorburg entstand die zentrale Restaurationswerkstatt für die Museen des westfälischen Museumsamtes. Sie wurde 2004 aufgegeben. Seit 2005 kam im Herrenhaus die Gastronomie „Schnapphahn“ hinzu. Ein Schelm ist, wer Böses dabei denkt!
Wolfgang Viehweger

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