Die Josefskirche in Wanne-Süd

Mit der Industrialisierung wuchs die Zahl der Einwohner in Wanne. Im Süden der Gemeinde entstand um 1890 ein neuer Stadtteil, in dem sich Arbeiter, Handwerker und Gewerbetreibende ansässig machten.
Zunächst wurden sie von den katholischen Gemeinden in Wanne und in Eickel betreut, drängten jedoch auf eine eigene Pfarrei und gründeten zu diesem Zweck einen Kirchenbauverein (St. Josef). Im Herbst 1907 gaben die staatlichen Stellen, im Frühjahr 1908 auch die kirchlichen ihre Zustimmung zu einem Kirchenbau in Wanne-Süd. Die St Josef-Gemeinde wurde gleichzeitig von St. Marien in Eickel abgepfarrt. An der Hauptstraße 140 begannen der einheimische Baumeister August Franke und der Bochumer Architekt Karl Pinnekamp mit dem Bau einer Kirche im romanischen Stil. Vorbild war die Kirche St. Zeno in Verona. Aus Ruhrsandstein entstand in den Jahren 1909 bis 1911 eine Basilika mit Querhaus, Choranlage, einem achteckigen Vierungsturm (wo Querhaus und Langhaus sich treffen) und einem Westwerk mit Doppelportal für ca. 3000 Gläubige. Erst am 17. November 1912 segnete der damalige Bischof Josef Schulte die neue Kirche ein. Man erzählte, die drei Löwen vor dem Portal hätten das Missfallen des Würdenträgers erregt, weil sie nach seiner Meinung „heidnische Symbole“ waren und ihn in schmerzlicher Weise an die Christenverfolgungen erinnerten.

Am 10. August 1894 war in Wanne-Süd das „Sol- und Thermalbad Wilhelmsquelle“ mit seinen weitläufigen Parkanlagen hinter dem Kurhaus im Rahmen eines Festaktes seiner Bestimmung übergeben worden. Bauherr war August Franke zusammen mit der Bergwerksgesellschaft Pluto-Thies. Das Thermalbad verfügte über 36 Herrenzellen, 11 Damenzellen und eine Abteilung für skrofulöse Kinder. An Kurmitteln wurden angeboten finnische Dampfbäder, irische Bäder und römische Bäder. Neben den Solbädern gab es auch Süßwasserbäder. Das salzhaltige Wasser kam von der Zeche Pluto-Thies. Man kann sich vorstellen, dass dieses „Wellness-Center“ auch nicht die Zustimmung des Bischofs von Paderborn gefunden hatte.

Heut wie damals empfangen den Besucher an der Josefskirche die drei aus Sandstein gemeißelten Löwen unter zwei Baldachin-Vorhallen. Auf ihren Rücken tragen sie die Säulen des Eingangsportals. Dass die Fassade erhalten geblieben ist, verdankt sie einem Zufall. Eigentlich sollte der Eingangsbereich nach dem Willen der „Heimatfront“ in den letzten Kriegstagen gesprengt werden. Deshalb ließ sie vor den Löwen Panzersperren gegen die Alliierten errichten, gefüllt mit Sprenggranaten. Wenn die Panzer an der Kirche vorbeirollten, sollte die Sperre explodieren und mit der Fassade auf die Panzer stürzen. Die Panzer kamen tatsächlich, aber die Detonationen waren zu schwach, um das gewünschte Resultat zu erzielen. Nach dem Krieg wurden die Schäden an der Kirche behoben, die Fenster neu verglast und das Bodenniveau im Chor um 50 cm angehoben, damit die Gläubigen besser das Geschehen am Altar sehen konnten.

Wolfgang Viehweger

zurück zum Presseindex