Die Stadthalle in Wanne

Die Stadthalle in Wanne
(Zeichnung von Fritz Illburger 1951)

Die Stadthalle in Wanne wurde am 26. Juli 1925 auf einem Grundstück zwischen Josefskirche und Kurhaus eingeweiht. Erworben hatte man das für den 1500 m² großen Kuppelbau geeignete Grundstück von der Witwe des Bauunternehmers August Franke. Der prominente Mann war im Jahr 1920 verstorben.
Der Wanner Beigeordnete und Baumeister Bruno Lehmann hatte die Entwürfe für die Haupthalle auf einer Fläche von 800 m² gemacht. Die Halle bildete ein Achteck, das sich nach oben zur Kuppel verjüngte. Der Plan ähnelte verblüffend der späteren Reichstagskuppel (einer Stahlkonstruktion) in Berlin. Der Innenraum der Halle hatte eine Höhe von ca. 15 m. Die Wände waren aus Holz in Schalenbauweise errichtet worden. Der Raum bot Platz für 1200 Besucher. Wenn eine Bühne aufgebaut wurde, verringerte sich das Fassungsvermögen auf 950 Sitzplätze. Belichtet wurde der Innenraum durch große Oberlichtfenster und seitliche Fensterschlitze. In den Nebengebäuden der Stadthalle waren untergebracht: das Heimatmuseum, Versammlungsräume und Platz für Turngeräte aller Art. In der Woche wurde die Halle nämlich als Sporthalle für das Gymnasium genutzt.
Zur Eröffnungsfeier am 26. Juli 1925 präsentierten sich der Verkehrsverein Wanne-Eickel, der Kunstverein Wanne-Eickel, Vertreter der Kommunalpolitik und Handel und Gewerbe. Als am 1. April 1926 Wanne-Eickel Stadt wurde, fand hier ein Mannschaftsrennen für Radfahrer statt. Spätere sportliche Veranstaltungen waren Boxkämpfe, so ein Boxkampf zwischen Walter Neusel und Max Schmeling.

Walter Neusel, geboren am 25. November 1907, war Mitglied der Boxfreunde Heros Eickel und ein Holsterhauser Eigengewächs. Mit einer Größe von 1,86 Meter und einem Kampfgewicht von 203 Pfund war er prädestiniert für das Schwergewichtsboxen. Sein Onkel Ernst hatte ihm, der wie sein Vater Bäcker werden wollte, das Boxen beigebracht. Bekannt wurde der „Blonde Tiger“ von der Dorneburg, wie man Walter wegen seines aggressiven und überfallartigen Kampfstils nannte, durch seinen Manager Damski. In vielen Kämpfen brachte es Neusel bis zum deutschen Schwergewichtsmeister. Im Alter von 43 Jahren boxte der lebenslustige und agile Mann noch gegen den 24jährigen Conny Rux. Dann verlegte er sein Privatleben nach Berlin und eröffnete dort eine Kneipe mit dem Namen „Zum blonden Tiger“. Ein Herzversagen beendete am 7. Oktober 1964 das Leben des Wanne-Eickeler Boxidols. Walter Neusel ist knapp 57 Jahre alt geworden.

Die Stadthalle trug den Spitznamen „Käseglocke“. Der Grund dafür könnte die Farbe der Holzkonstruktion sein, welche an der Außenseite durch die Witterung bald einen Gelbton annahm. Zum anderen könnte es daran liegen, dass der Turn- und Sportlehrer des Jungengymnasiums „Paul Käse“ hieß. Dieser war es auch, der sich um den Sport und die Aufstellung und Aufbewahrung der Turngeräte in der Halle kümmerte. Paul Käse war so etwas wie der „Hallenwart“.
Am 17. Januar 1942 vernichtete ein Brand die Halle. Sie wurde nicht mehr aufgebaut. Als Ersatz diente der städtische Saalbau im Wanner Stadtgarten, aber es fehlte seitdem das Bindeglied zwischen Wanne und Eickel. Die Chance eines gemeinsamen Kulturzentrums in der Mitte ist nicht mehr aufgenommen worden.


Wolfgang Viehweger

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