Das Solbad in Wanne

Das Solbad in Wanne
        (Zeichnung von Fritz Illburger 1952)

Der junge Bauunternehmer August Franke war im Jahr 1875 aus Brilon nach Wanne gekommen und hatte an der Langekampstraße ein Baugeschäft gegründet. Das wuchs in kurzer Zeit zu einem ansehnlichen Unternehmen heran. Noch vor der Jahrhundertwende gehörte Franke fast der gesamte Grund und Boden im Bereich der heutigen Kurhausstraße/Hauptstraße/Am Alten Amt und Langekampstraße mit etwa 70 Häusern. Er war der heimliche „König von Wanne“.
Als August Franke im Herbst 1891 von einer Heilquelle in der Zeche Pluto-Thies erfuhr und ein Gutachten des Chemieprofessors Dr. König aus Münster über die Wasserproben bekam, der diese Proben aus einem „Gesundbrunnen in Wanne“ bezeichnete, brachte ihn das zu dem Entschluss, zusammen mit dem Bergwerk die sogenannte „Wilhelmsquelle“ für ein Solbad zu nutzen. Da es im Ruhrgebiet wegen des Bergbaus eine Vielzahl von Rheuma- und Atemwegskranken gab, würde sich das Wasser vorteilhaft bei Rheumatismus, Hautkrankheiten, Atemwegsbeschwerden und Frauenkrankheiten einsetzen lassen.
Obwohl ein gemeinsamer Betrieb von der Bergwerksgesellschaft abgelehnt wurde – lediglich ein Liefervertrag wurde zugesagt -, ließ August Franke von der Zeche zur Kurhausstraße auf eigene Kosten eine Rohrleitung legen und begann auf dem Eckgelände an Haupt- und Kurhausstraße mit dem Bau eines Kurhauses samt Hotel, Kurgarten und Badeanstalt. Da das Solbad privat geführt wurde, lagen alle Risiken bei dem Unternehmer. Am 10. August 1894 wurde das „Sol- und Thermalbad Wilhelmsquelle“ im Rahmen eines Festaktes seiner Bestimmung übergeben. Das Bad hatte einen guten Beginn: Bereits im Gründungsjahr wurden 16 759 Solbäder verabreicht, 1895 waren es bereits 19 434 Bäder. Im Jahr 1896 wurde mit 25 471 Bädern die Kapazitätsgrenze der Einrichtung überschritten. Der größte Teil der Badegäste bestand aus Bergleuten, der andere Teil aus Privatpatienten des Ruhrgebiets. Zu Beginn des Jahres 1898 wandelte August Franke das Privatunternehmen in eine Aktiengesellschaft um. Er erweiterte das Sol- und Thermalbad um eine Abteilung für skrofulöse Kinder. An Kurmitteln wurden geboten: finnische Dampfbäder, römische Bäder, irische Bäder, Inhalationen, Massagen und – neben den Solbädern – auch Süßwasserbäder.
Nach dem Ersten Weltkrieg war es ein Schock, dass auf Pluto-Thies im Herbst 1918 die Wilhelmsquelle versiegte. Da aber „Gott das Ruhrgebiet und seine Menschen niemals im Stich lässt“, wie ein Sprichwort sagt, wurden auf Pluto-Wilhelm in einer Tiefe von 813 Metern weitere Salzquellen entdeckt. Dem Schacht Wilhelm entströmten in der Minute etwa 400 Liter Sole, 576 000 Liter pro Tag, so dass die Versorgung des Bades gesichert war. Im Jahr 1920 verstarb August Franke. Die Aktiengesellschaft ging am 11. März 1920 in öffentlichen Besitz über.
Es sollte noch ein beschwerlicher Weg über die Zusammenarbeit des Solbades mit dem St. Josef-Krankenhaus bis zur Überführung der beiden Einrichtungen in ein gemeinsames Rheumazentrum werden. Am 6. November 1944 wurde das Sol- und Thermalbad durch Bomben beschädigt, nach dem Angriff vom 19. Februar 1945 völlig zerstört. Am 26. Oktober 1948 erfolgte auf der anderen Seite der Hauptstraße auf dem Gelände zwischen Kurhausstraße und Langekampstraße die Grundsteinlegung für das neue Bad. Die Planung hatte der Wanne-Eickeler Architekt Willi Wallmeier übernommen. Es sei das „Bad des kleinen Mannes“, gab Oberstadtdirektor Dr. Wilhelm Elbers als Ziel der Einrichtung an. Am 31. Oktober 1949 eröffnete Oberbürgermeister Edmund Weber das „Sol- und Thermalbad Wanne-Eickel“.
Es arbeitete eng mit der Rheumaabteilung des nahen Krankenhauses zusammen. So wurde die ärztliche Therapie durch Heilbäder ergänzt. Chefarzt Dr. Ernst Günter Frech hatte das Konzept entwickelt, dessen Ziel ein großes Rheumazentrum im Ruhrgebiet war. Die Verwirklichung seiner Ideen hat er nicht mehr erlebt. Er starb im Jahr 1974. Am 30. Juni 1975 verschwand der Name „Sol- und Thermalbad Wanne-Eickel“ wegen der Zusammenlegung mit Herne. Das Solbad-Hotel schloss am 31. Dezember 1976. Da die Vorräte der Solequelle auf dem Schacht Wilhelm erschöpft waren, mussten für eine Übergangszeit die Solevorkommen der Schachtanlage Consolidation 2/7 in Gelsenkirchen-Schalke sowohl für das Thermalbad in Wanne als auch für die neuen Thermalanlagen im Revierpark Gysenberg sorgen. Im Jahr 1982 gelang es den Stadtwerken, mit der Stadt Oberhausen, die eine Therme in Mülheim-Raffelberg betrieb, einen kostengünstigen Abnahmevertrag für einen Zeitraum von 30 Jahren abzuschließen. Damit war die Zukunft der Solbäder in Herne gesichert.


Wolfgang Viehweger

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