Unliebsamer Besuch

Nicht weit von Crange wohnte in der „Bickerner Dörne“ der Kötter Heinrich Stöckmann. Er hatte zwei Pferde, einen Wallach und eine Stute, die er nach damaliger Sitte in der nicht eingefriedeten Umgebung seines Hauses grasen ließ. Die Wiese wurde bei Tagesanbruch seit einiger Zeit von einem Wildhengst aus dem Emscherbruch besucht. Dabei belästigte er den Wallach auf unangenehme Weise, weil dieser ihm nicht ebenbürtig schien. Dagegen kokettierte er mit der prächtigen Stute in den sanftesten Tönen.
Ab und zu fand zwischen dem Hengst und dem Wallach ein Zweikampf statt, bei welchem der zahme Wallach regelmäßig eine Abfuhr erlitt, so dass Heinrich Stöckmann der Sache überdrüssig wurde. Er führte den armen Wallach in die nächste Schmiede und ließ ihm mächtige Stolleneisen unterschlagen, die an Härte die Hufe des Wildlings übertrafen. So ausgerüstet kehrte das Tier auf die Wiese zurück. Beim nächsten Morgengrauen wachte Stöckmann durch langandauerndes Geklapper der Hufe, durch Wiehern, Stampfen und Schnaufen vor seinem Haus auf. Er eilte ans Fenster und sah gerade noch, wie der am ganzen Leib zerschundene und blutende Hengst hinkend Fersengeld gab. Der Sieger graste ruhig neben der Stute, als wäre nichts geschehen.

(Aus dem Buch: „Wäre nicht der Bauer, hätten wir kein Brot“ von W.Viehweger)

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