Der Mond von Wanne-Eickel

Nichts ist so schön
wie der Mond von Wanne-Eickel.
Die ganze Luft
ist erfüllt vom ewigen Mai.
Und jede Nacht
am Kanal von Wanne-Eickel
ist voller Duft wie die Nächte von Hawai.


Im Jahr 1962 sang die Hamburger Band „Friedel Hensch und die Cyprys“ ihren Hit „Der Mond von Wanne-Eickel“, eine deutsche Parodie des französischen Liedes „Un clair de lune à Maubeuge“. Eigentlich hatte der Leader, Werner Cyprys, zuerst an Castrop-Rauxel gedacht, aber Wanne-Eickel klang musikalisch weicher. Der Hit kam den Verantwortlichen der Stadt Wanne-Eickel höchst ungelegen: Seit vielen Jahren bemühten sie sich, vom Image einer Kohlestadt mit viel Dreck und Staub wegzukommen und über das „Solbad“ zu einem Heil- und Rheumazentrum im Ruhrgebiet zu werden. Am 26. Oktober 1948 war auf dem Gelände an der Kurhausstraße die Grundsteinlegung für ein neues Bad erfolgt. Die Planung hatte der Architekt Willi Wallmeier übernommen. Am 31. Oktober 1949 eröffnete der Oberbürgermeister Edmund Weber das „Sol- und Thermalbad Wanne-Eickel“. Es arbeitete eng zusammen mit der Rheumaklinik des nahen St. Josephs-Krankenhauses. So wurde nach dem Konzept von Chefarzt Dr. Ernst Günter Frech die ärztliche Therapie durch Heilbäder und Anwendungen ergänzt. Das Wasser bezog man aus einer heilkräftigen Solequelle des Schachts „Pluto-Wilhelm“. Die Idee des Arztes beruhte auf der des Unternehmers August Franke, der an der Ecke Haupt- und Kurhausstraße am 10. August 1894 das „Sol- und Thermalbad Wilhelmsquelle“ eröffnet hatte und bereits im Gründungsjahr 16 750 Patienten verzeichnete. Darunter waren nicht nur kranke Bergleute, sondern auch Privatpatienten aus den Nachbarstädten. Mit über 25 000 Patienten wurde 1895 die Kapazitätsgrenze überschritten. Man kann sich vorstellen, dass Friedel Hensch und die Cyprys bei ihrem Besuch in Wanne-Eickel sehr ungnädig vom Oberbürgermeister empfangen wurden. Daran änderte auch das Präsent nichts, ein Farbbild im Holzrahmen, welches einen freundlich lächelnden Vollmond zeigte. Das Bild verschwand bald in der hintersten Ecke des Heizungskellers und tauchte erst 1975 wieder auf, als das Wanne Rathaus entrümpelt wurde. Es gelangte in den Besitz des ehemaligen Schreiners Alfred Schimpf, der seinen Betrieb auf dem Platz hatte, wo jetzt „Kaufland“ steht. Danach hatte er einen Antiquitäten- und Trödelladen auf der Claudiusstraße. Von ihm kam das Bild zu mir, weil er wusste, dass ich an der Heimatgeschichte interessiert bin. Seitdem nehme ich es zu Veranstaltungen unseres Kulturvereins „Herner Netz e.V.“ mit und erzähle seine Geschichte. Ergänzt wird sie durch einen Mondzyklus von 12 Bildern des Künstlers Wolfgang Ringhut. Dieser erweiterte im Jahr 2002, 40 Jahre nach dem Mondlied, das Thema auf eindrucksvolle Weise mit farbigen Bleistiftzeichnungen. Auch in anderen Namen („Mondpalast“, „Mondritter“ u.a.) wird die Verbindung zwischen dem Mond und der Stadt symbolisch aufrecht erhalten.

Wolfgang Viehweger

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