Die Metzgersfrau aus Wanne


Als Elke Heidenreich am 15. Februar 1943 unter dem Namen Elke Helene Rieger in Korbach (Hessen) geboren wurde und bald darauf mit dem Vater, einem Automechaniker, nach Essen zog, konnte sie sich noch nicht vorstellen, im Ruhrgebiet einmal eine Kultfigur zu werden. 1965 heiratete sie den Journalisten Gert Heidenreich, mit dem sie bis 1972 zusammenlebte. Als freie Autorin erfand sie 1975 die Figur der Else Stratmann, Metzgersfrau aus Wanne-Eickel, als die sie über 4000 Mal im Radio und beim Fernsehen auftrat. Bekleidet mit einem geblümten Kittelkleid, einem nach hinten gebundenen Kopftuch, gelehnt auf ein Kissen im geöffneten Fenster, neben sich eine Clivie, das Zeichen der Metzgerblume, quasselte sie endlos in kleinbürgerlicher Manier und entsprechendem Dialekt über die Politik da draußen. Elke Heidenreich hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Bambi und zweimal den Adolf-Grimme-Preis.

Im Jahr 1985 begann mit einem Wurstpaket, das ihr die Metzgersfrau Irmgard Weber, geborene Kruse, zuschickte, ein Briefwechsel mit Elke Heidenreich. Frau Weber, die nur wenig älter war (geboren am 9. August 1941) lud die Autorin nach Wanne-Eickel ein, was die Glaubwürdigkeit der Else Stratmann erhöht hätte. Zu einem Besuch kam es nicht, aber zu Briefen, Karten und Telefonaten, worin Elke Heidenreich betonte, dass Frau Weber eigentlich der Kultfigur eher entspreche als sie selbst. Diese Korrespondenz ist in der Familienchronik verwahrt.
Die Metzgerei Weber an der Heinestraße in Wanne blickt auf eine Tradition von 6 Generationen zurück, davon 2 in Schrimm (Provinz Posen) und 4 in Wanne-Eickel. Im Jahr 1922 tauschte Adolf Weber in der Zeit der Abstimmung seinen Betrieb mit einem polnischen Metzger in Wanne und begründete so die Tradition der Familie Weber auf der deutschen Seite. Heute führt sein Urenkel Rainer den Betrieb. Er schlachtet allerdings nicht mehr wie sein Vater Gerd im Schlachthof, weil dieser längst geschlossen ist. Das Fleisch wird aus dem Großhandel bezogen und verarbeitet. Bekannt sind die Weberschen Wurstspezialitäten, die auch in dem kleinen Café angeboten werden, das sich neben dem Laden befindet. Die Wursttheken bei den Discountern sind heute eine große Konkurrenz für die Metzgerei Weber.

Wolfgang Viehweger

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